Hauptkommissarin Elisabeth Guardiano (Virginie Ledoyen) steht vor einem Rätsel, als sie am Tatort ankommt. So findet sie dort die übel zugerichteten Leichen eines Ehepaares, aber keinen Hinweis darauf, dass jemand von außen hereingekommen ist. Haben die beiden sich gegenseitig getötet? Und wenn ja, aus welchem Grund? Während sie noch über den seltsamen Fall nachdenkt, der sie in das abgelegene Bergdorf geführt hat, macht sie die Bekanntschaft von Franck de Rolan (Paul Hamy) von der Nationalgendarmerie. Auch er ist aus beruflichen Gründen angereist. Allerdings dreht sich sein Fall um Kinder, die in der Gegend verschwunden sind. Einen Zusammenhang der beiden Geschichten sehen sie nicht. Dennoch beschließen sie, sich gegenseitig zu unterstützen, in der Hoffnung, dass sie vielleicht so auf des Rätsels Lösung kommen …
Die Polizei auf der Suche nach der Wahrheit
Eigentlich bringt man Alexandre Bustillo und Julien Maury ja mit dem Horrorgenre in Verbindung. So geht etwa Leatherface auf die beiden zurück, ein Prequel zum Genreklassiker The Texas Chain Saw Massacre. In The Deep House erzählten sie zuletzt von einem YouTube-Duo, das in einer versunkenen Nervenheilanstalt alptraumhafte Erfahrungen machen. Und auch bei Kandisha – Der Fluch, das sich um eine alte marokkanische Legende dreht, haben die beiden zusammengearbeitet. Das weckt natürlich gewisse Erwartungen an Der Seelenfänger, die neueste Kooperation der beiden Franzosen. Daran hat der Titel auch seinen Anteil, der wie eine Schreckgestalt aus einem Märchen klingt. Dieser bezieht tatsächlich auf einen Mythos, wie er in dem abgelegenen Dorf gebräuchlich ist und der von einem besitzergreifenden Dämon handelt.
Und doch sollte man in der Hinsicht nicht viel erwarten. Zwar spielen die zwei Regisseure durchaus mit dem Genre, bringen dabei immer wieder ihre eigenen inszenatorischen Erfahrungen ein. Jedoch handelt es sich bei Der Seelenfänger überwiegend um einen regulären Krimi. In der Adaption des Romans Le Mangeur d’âmes von Alexis Laipsker geht es letztendlich darum, wie zwei Leute von der Polizei, die unabhängig voneinander in die Gegend gekommen sind, zwei rätselhafte Fälle lösen müssen. Das Motiv eines Großstadtermittlers, der in der Provinz nach der Wahrheit sucht, ist ein sehr beliebtes. Dieses Jahr gab es da beispielsweise im deutschen Fernsehen Die Polizistin und die Sprache des Todes und Mordnacht, die jeweils auf ähnliche Weise arbeiteten. Ungewöhnlich ist allenfalls, dass es hier eben zwei Angereiste gibt, die den beiden unterschiedlichen Gesetzeshüter-Organisationen entstammen: Polizei und Nationalgendarmerie.
Wendungsreich, aber wenig glaubwürdig
Man könnte an der Stelle meinen, dass dies zu Kompetenzgerangel führt, wie es in Krimis oft der Fall ist. Tatsächlich finden die zwei aber recht schnell zusammen, sicher auch weil sie eben beide Fremde sind und sich schwer damit tun, in dem Dorf wirklich anzukommen. Der Seelenfänger legt dann auch einen größeren Fokus auf die zwei Figuren und ihre Dynamik. Zwischenzeitlich ist das mehr Charakterdrama als Genrebeitrag. Man sollte auch nicht die ganz große Spannung erwarten. Da kommt es zwischendurch zwar schon zu actionreichen Szenen. Diese sind aber eher die Minderheit. Bustillo und Maury arbeiten mehr über die Atmosphäre als über die Handlung.
Die Atmosphäre ist dabei tatsächlich gelungen. Das ist zum einen natürlich mal wieder dem Setting zu verdanken. Mit Wäldern übersäte Orte in den Bergen? Das geht immer. Aber auch die Geschichte macht neugierig, weil man sich natürlich ständig fragt, wie die zwei Fälle zusammenhängen und gerade dieser Doppelmord schon sehr seltsam ist. Der Seelenfänger klärt das am Ende auf und bringt zudem die diversen Elemente, die im Hintergrund laufen, zu einem Schluss. Das geht mit mehreren großen Überraschungen einher, wer wendungsreiche Geschichten mag, kommt auf seine Kosten. Sonderlich glaubwürdig ist das Ergebnis aber nicht. Das ist alles ziemlich konstruiert, manches bleibt zudem seltsam oberflächlich. Insgesamt ist der Krimi, der auf dem International Film Festival Rotterdam 2024 Premiere feierte, aber ein sehenswerter Versuch des Duos, sich außerhalb des Stammgenres zu etablieren.
OT: „Le Mangeur d’âmes“
IT: „The Soul Eater“
Land: Frankreich
Jahr: 2024
Regie: Alexandre Bustillo, Julien Maury
Drehbuch: Annelyse Batrel, Ludovic Lefebvre
Vorlage: Alexis Laipsker
Musik: Raphaël Gesqua
Kamera: Simon Roca
Besetzung: Virginie Ledoyen, Paul Hamy, Sandrine Bonnaire, Francis Renaud, Malik Zidi, Cameron Bain, Lya Oussadit-Lessert, Chloé Coulloud
International Film Festival Rotterdam 2024
Fantasia Film Festival 2024
Sitges 2024
Amazon (DVD „Der Seelenfänger“)
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