Seit dem Tod ihres Mannes muss Summer (Jerrika Hinton) ihren Sohn Major (Ayden Gavin) alleine großziehen. Einfach ist das nicht. Als wäre die Doppelbelastung aus Familie und Arbeit nicht auch so schon groß genug, ist der Junge im Umgang äußerst kompliziert. Als Summer eine alte VHS-Kassette findet mit einer Folge der Kindersendung „Mr. Crocket’s World“, scheint Major erst einmal beschäftigt, was ihr etwas Ruhe verschafft. Bald schon ist er aber auf seltsame Weise von der Show besessen, will pausenlos nur noch diese sehen. Dabei ist das noch das geringste Problem der alleinerziehenden Mutter. Denn was sie nicht ahnt: Mr. Crocket (Elvis Nolasco) hat es auf ihren Jungen abgesehen und würde dafür über Leichen gehen. Und das ist nicht das erste Mal, der Moderator hat auch bei anderen Familien blutige Spuren hinterlassen …
Kinderheld mit groteskem Splatter
Wenn es darum geht, zu Halloween das Publikum mit Horrortiteln an die Bildschirme zu fesseln, kommt es zu einem regelrechten Wettstreit der Streamingdienste. Dieses Jahr gab es beispielsweise auf Paramount+ Apartment 7A über eine Tänzerin, die unheimliche Erfahrungen in der neuen Wohnung macht. Beim Amazon Prime Video Beitrag House of Spoils verliert eine ambitionierte Köchin langsam ihren Verstand. Netflix versuchte es mit der düsteren Gesellschaftsallegorie Der Schacht 2. Da will auch Disney+ nicht zurückstecken. Bei Hold Your Breath reisen wir in die 1930er, wenn eine Familie in einer abgelegenen Farm trockene Alpträume erlebt. Mit Mr. Crocket schickt das Mäuseimperium einen weiteren Grusler ins Rennen. Wobei das Vertrauen in den Titel offensichtlich nicht sehr hoch ist. Beworben wurde der Film nicht, die Presseseite kennt ihn gar nicht, er wurde auch nicht synchronisiert.
Dabei hat die US-Produktion schon einiges zu bieten. So macht der Einstieg neugierig und auf gewisse Weise Lust, wenn wir das erste Mal der Titelfigur begegnen. Einem bewährten Konzept des Genres folgend sehen wir sie, wie sie bei einer anderen Familie zuschlägt, bevor wir zur eigentlichen Familie kommen. Bei Mr. Crocket wird ein Fernseher zu einem Tor zu einer dämonischen Welt. Das ist bewährt, Poltergeist und Ring – Das Original wurden mit diesem Motiv zu Genreklassikern. Während diese aber mit einem ernsten Horror arbeiteten, ist der Nachfahre ein verspielter Geselle, der durch Sadismus und grobe Mittel auffällt. Hier und an anderen Stellen wird auf Splatter gesetzt, da spritzt nicht nur das Blut. Das geht aber mit Humor einher. Wenn der selbsternannte Kinderfreund böse Erwachsene bestraft, wird viel gelacht – zumindest bei Crocket selbst.
Sympathisch, aber auch etwas langweilig
Aber auch das Publikum daheim darf seinen Spaß an diesen Auftritten haben, sofern man diese Art Horror mag und im Idealfall auch eine nostalgische Veranlagung. Letztere ist nicht nur bei den krisseligen VHS-Aufnahmen und dem zeitlichen Setting gefragt – der Film spielt in der ersten Hälfte der 1990er. Auch bei den diversen handgemachten Effekten darf man an vergangene Zeiten zurückdenken, selbst wenn diese offensichtlich kein besonders hohes Budget hatten. Diese Szenen haben daher durchaus einen Unterhaltungswert, zumal sie oft grotesk sind. Mr. Crocket kann sich zudem auf Elvis Nolasco verlassen, der den Antagonisten mit viel Spielfreude und ungeniertem Overacting verkörpert. Das ist zwar nicht die hohe Kunst, funktioniert aber.
Leider hat Regisseur und Co-Autor Brandon Espy aber seine Probleme, abseits dieser Szenen etwas Interessantes auf die Beine zu stellen. Man merkt ihm auch an, dass er bislang Kurzfilme gedreht hat, sein Langfilmdebüt verliert ab der Mitte deutlich an Schwung. Interessante Ideen sind dann Mangelware, Mr. Crocket vertraut zu sehr auf Klischees. Selbst eine späte Wendung ist nicht wirklich überraschend, wenn der Film in den Erklärmodus wechselt. Das ist schade, weil da durchaus Potenzial für mehr gewesen wäre. Oder Espy wäre bei einem Kurzfilm geblieben. So bleibt ein Genrebeitrag, der schon irgendwie ganz sympathisch ist, der aber zu schnell zu langweilen anfängt.
OT: „Mr. Crocket“
Land: USA
Jahr: 2024
Regie: Brandon Espy
Drehbuch: Brandon Espy, Carl Reid
Musik: Alex Winkler
Kamera: Powell Robinson
Besetzung: Jerrika Hinton, Ayden Gavin, Elvis Nolasco, Alex Alomar Akpobome, Kristolyn Lloyd
Sitges 2024
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