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Schwarze Früchte – Staffel 1

„Schwarze Früchte“ // Deutschland-Start: 18. Oktober 2024 (ONE)

Inhalt / Kritik

Es läuft gerade nicht so wirklich im Leben von Lalo (Lamin Leroy Gibba). So leidet der Mittzwanziger unter dem Tod seines Vaters, sein Architekturstudium hat er erst einmal geschmissen. Umso größer ist die Freude, als er die Familie seines Partners Tobias (Nick Romeo Reimann) kennenlernt. Die Freude ist jedoch schnell verflogen. Was als gemütlicher, geselliger Abend geplant war, entwickelt sich zu einem Desaster. Ein Wort führt zum anderen, die Beziehung ist Geschichte. Also zieht Lalo bei seiner besten Freundin Karla (Melodie Simina) ein. Die macht gerade in einem Unternehmen richtig Karriere. Und doch ist auch sie ein wenig unschlüssig, wie es weitergehen soll. Gerade ihr übergriffiger Chef macht ihr zu schaffen …

Serie um zwei schwierige Menschen

Man ist es ja inzwischen von der ARD gewohnt. Wenn Serien ein bisschen anders sind, vielleicht nicht so ganz in den Lebensalltag hineinpassen, werden sie in die Mediathek verbannt und nur spät abends ausgestrahlt. Bei Die Zweiflers, das sich mit dem jüdischen Leben in Deutschland befasst, gab es immerhin noch einen Platz im Ersten. Made in Germany, das von dem Alltag mehrerer junger Menschen mit Migrationshintergrund erzählt, musste man sich mit dem Nischensender ONE begnügen. Das gleiche Schicksal ereilt nun Schwarze Früchte, obwohl die Serie durchweg gute bis hervorragende Kritiken erhalten hat. Sie feierte zudem auf dem renommierten Tribeca Film Festival in den USA Premiere, was man mit einer deutschen Fernsehproduktion erst einmal hinbekommen muss.

Gleichzeitig ist die Zurückhaltung der ARD irgendwo auch verständlich. Schon in der ersten von acht Folgen wird dem Publikum einiges zugemutet. Bei dem gemeinsamen Abendessen mit den Eltern des Partners sieht es zunächst danach aus, als wolle Serienschöpfer und Hauptdarsteller Lamin Leroy Gibba (Nichts, was uns passiert) eine vermeintlich liberale Familie aus dem Bildungsbürgertum vorführen, die sich als distanzlos und engstirnig herausstellt. Bis man merkt, dass Lalo selbst alles andere als souverän agiert. Das wird er auch später nicht, wenn er zwischen unterwürfig und passiv-aggressiv wechselt, Ehrlichkeit einfordert und sich doch ständig selbst belügt. Karla, die zweite Hauptfigur von Schwarze Früchte, ist ebenfalls eine Herausforderung. Mal sind ihr die Sympathien sicher, wenn der Chef unangenehm auf die Pelle rückt. Mal macht sie es einem aber auch richtig schwierig, irgendwie Anschluss zu finden.

Nuanciert und spannend

Das wird sicherlich einige gleich vertreiben. Andere werden es ohnehin als Provokation empfinden, wenn es hier um Menschen geht, die queer und schwarz sind. Dabei sind diese beiden Eigenschaften zwar Teile der Figuren und ihrer jeweiligen Lebensgeschichten sowie Erfahrungen. Anders aber als das besagte Made in Germany, welches spezifisch Erlebnisse von Leuten mit Migrationshintergrund thematisiert, schwingt das hier nur nebenbei mit. Sehr viel mehr interessieren sich Gibba und sein Drehbuchteam für die Figuren und entwickeln Charaktere, die voller Widersprüche und Kanten sind. Charaktere, die bei ihrer Suche nach Identität durchaus selbst Identifikationsfläche bieten und doch auf ihre Weise so markant sind, dass man sie kaum verwechseln kann. Nach und nach lernen wir sie immer näher kennen und schätzen, selbst wenn man sie nicht unbedingt mag.

Durch den Verzicht auf das eine Thema und reine Sympathiefiguren macht es sich Schwarze Früchte natürlich schwer. Und doch macht sie das auch zu einer der interessantesten Serien, welche das öffentlich-rechtliche Fernsehen dieses Jahr hervorgebracht hat. Wer sich für menschliche Geschichten in all ihren Facetten erwärmen kann, die auf Nuancen setzen anstatt auf das große Drama, sollte dieser hier eine Chance geben. Man kann dabei nicht nur einige spannende Leute kennenlernen, sondern sieht auch reihenweise guter Schauspielleistungen. Das Ensemble mag weitestgehend unbekannt sein, überzeugt aber mit den schwierigen Rollen. Lobenswert ist zudem der Verzicht auf plumpe Moralisierungen, wie man sie im deutschen Fernsehen oft vorfindet. Hier gilt es vielmehr, eigene Schlüsse zu ziehen, auch wenn das manchmal unangenehm ist.

Credits

OT: „Schwarze Früchte“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Elisha Smith-Leverock, David Uzochukwu
Drehbuch: Lamin Leroy Gibba, Sophia Ayissi, Naomi Kelechi Odhiambo, Lisa Tracy Michalik, Sarah Claire Wray
Musik: Don Jegosah, Entroph
Kamera: Claudia Schröder, Louis Malcolm Saidou Reiss
Besetzung: Lamin Leroy Gibba, Melodie Simina, Vanessa Yeboah, Benjamin Radjaipour, Daniel Hernandez, Nick Romeo Reimann, Simon Kluth, Thapelo Mashiane, Christine Rollar, Sheri Hagen, Jerry Kwarteng

Bilder

Trailer

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Schwarze Früchte – Staffel 1
fazit
„Schwarze Früchte“ folgt zwei schwarzen, queeren Mittzwanzigern, die ein wenig unschlüssig durchs Leben stolpern. Die Serie fordert das Publikum mit markanten, oft schwierigen Figuren heraus, gibt weder leichte Antworten, noch ein eindeutiges Thema. Doch das macht sie auch sehenswert, wenn man hier das Gefühl hat, tatsächliche Menschen kennenzulernen in all ihren Widersprüchen, Stärken und nervigen Eigenschaften.
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