
Für die Schwestern Maria (Lisa Kranz) und Lisa Kranz (Anne Haug) bricht eine Welt zusammen, als sie erfahren, dass sich ihr Bruder Lenni (Neil Körger) im Gefängnis das Leben genommen hat. Eine Frau soll er ermordet haben, was er aber immer bestritt. Und auch seine Familie war immer fest überzeugt, dass er unschuldig ist. In ihrem Schmerz beschließen die beiden daraufhin, sich selbst auf die Suche nach dem wahren Mörder zu machen und diesen zur Rechenschaft zu ziehen. Dabei ahnen sie nicht, was ihre Taten anrichten werden. Währenddessen versuchen Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel), Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid), die Geschichte aufzuklären und die Katastrophe noch zu verhindern …
Feindschaft und Abschied
Beim Tatort geht es diesen Herbst wieder drunter und drüber. Da war die Wiener Ausgabe Deine Mutter, bei dem es um einen Mord im Rap-Milieu ging. Das Freiburger Duo sinnierte in Ad Acta über Recht und Gerechtigkeit, als ein Anwalt getötet wird. Richtig kontrovers wurde es anschließend in Frankfurt, wo man sich bei Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh’n mit einem poetischen Knall verabschiedete. Und auch bei Trotzdem muss das Publikum zu einer bewährten Figur Lebewohl sagen. Genauer handelt es sich um die letzte Folge, bei der Dagmar Manzel als Kommissarin Ringelhahn zu sehen ist. Im Gegensatz zu dem hessischen Beitrag bedeutet dies jedoch nicht, dass das fränkische Team insgesamt aufgelöst wird. Im Anschluss wird es schon weitergehen, erst einmal nur mit Fabian Hinrichs.
Natürlich ist es interessant, die beiden Abschiedsfolgen miteinander zu vergleichen, zumal sie an aufeinanderfolgenden Wochenenden ausgestrahlt werden. Gemeinsam ist ihnen, dass es nicht viel zu rätseln gibt. In Frankfurt wurde der Mord zu Beginn gezeigt, das Publikum war also im Bilde. Bei Tatort: Trotzdem ist das zwar alles etwas vertrackter und komplexer. Aber auch beim 1275. Teil der ARD-Krimireihe werden Zuschauer und Zuschauerinnen, die in erster Linie grübeln wollen, wer ein Verbrechen begangen hat, nicht bedient. Darum geht es hier letztendlich überhaupt nicht. Stattdessen stehen im Mittelpunkt die beiden Familien, die durch ein Unglück aneinander gekettet sind und deren Feindschaft immer weiter eskaliert, wenn sich die Geschichte verselbständigt.
Überzogen und unausgeglichen
Es dauert allerdings eine ganze Weile, bis das der Fall ist. Der Einstieg ist schon ziemlich gemächlich. Vielleicht um dies auszugleichen, wird dafür zum Ende hin richtig aufs Gas getreten, der Kontrast könnte kaum größer sein. Tatsächlich wird es dabei aber so überzogen, dass man sich gar nicht mehr sicher sein kann, ob das jetzt ernst gemeint ist. Wo Es grünt so grün wenn Frankfurts Berge blüh’n noch mit offensichtlichem Humor arbeitete, ist Tatort: Trotzdem eher unfreiwillig komisch. Auch das führt zu einem enormen Kontrast, da der Krimi eigentlich sehr tragisch sein soll, wenn eine ganze Reihe von Menschen gewaltsam in den Abgrund gezogen werden. Das funktioniert aber nicht so wirklich, wenn man nicht das Gefühl hat, dass diese Leute real sind. Dass die Geschichte an vielen Stellen sehr konstruiert ist, macht die Sache auch nicht besser.
Das Ergebnis ist ein Film, der sicher seine Momente hat. Manche Szenen sind wie ein Faustschlag ins Gesicht. Aber es sind eben Momentaufnahmen in einem insgesamt seltsam zerfledderten Krimi. Zwischendurch soll es gefühlig werden, wenn die Kommissarin ihren Abschied feiert. Das wirkt jedoch wie aus einer Parallelwelt, die losgelöst ist von dem Fall. Hinzu kommen seltsame Einfälle zum Ende hin, bei denen Ringelhahn eine andere Seite von sich zeigen darf. Auch das dürfte auf ein geteiltes Echo stoßen. Während man aber in Frankfurt zumindest ein Konzept erkennen konnte, ist Tatort: Trotzdem kein übermäßig interessanter Abschied – und kein allzu spannender Genrebeitrag.
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