Der verschwundene Soldat The Vanishing Soldier
© UCM.ONE GmbH

The Vanishing Soldier

Der verschwundene Soldat The Vanishing Soldier
„The Vanishing Soldier“ // Deutschland-Start: 17. Oktober 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Eigentlich ist Shlomi (Ido Tako) ja in Gaza stationiert. Bis er genug hat und sich aus dem Staub macht, ohne jemandem davon zu erzählen. Er möchte eine Auszeit haben von all dem. Vor allem möchte er auch seine Freundin Shiri (Mika Reiss) sehen, die als Köchin arbeitet und demnächst nach Kanada ziehen wird, um dort zu studieren. Dabei hat der 18-jährige Soldat aber die Folgen seines Handelns nicht bedacht: In der Armee gehen sie davon aus, dass der junge Mann von den Hamas entführt wurde und nun als Geisel gehalten wird, weshalb sie Himmel und Hölle in Bewegung setzt, um ihn zurückzubekommen. Als Shlomi davon erfährt und mit den Konsequenzen konfrontiert wird, muss er sich überlegen, wie er mit der Situation umgehen soll …

 

Es kommt immer mal wieder vor, dass Filme von der Realität überholt werden und Ereignisse der Zeitgeschichte Kontexte schaffen, die eigentlich gar nicht vorgesehen haben. So auch der aktuelle Krieg in Gaza, ausgelöst durch den Terroranschlag der Hamas. September 5 etwa erzählt zwar von der Geiselnahme der israelischen Sportler bei den Olympischen Spielen 1972, was aber durch die derzeitige Lage eine ungeplante Relevanz erhält. Da hilft dann auch kein Verweis, dass der Film seit Jahren in Arbeit war. Ein anderes Beispiel ist Der verschwundene Soldat, alternativ unter dem englischen Titel The Vanishing Soldier bekannt. Auch der war schon länger in Planung. Tatsächlich feierte er auch im Sommer 2023 in Locarno Premiere, also zwei Monate vor dem Überfall. Dennoch ist es nahezu unmöglich, keine Parallelen zu ziehen.

Während der obige Film jedoch von einer tatsächlichen Geiselnahme berichtet, ist es hier eine bloß vermeintliche. Umso schockierender ist, welche Auswirkungen dieser Trugschluss hat, wenn im Anschluss bei dem rücksichtslosen Versuch der Befreiung eine Tragödie geschieht. Da ist es nahezu unmöglich, keine Vergleiche zur Gegenwart zu ziehen. Dabei steckt hinter dem Drama der israelische Regisseur und Co-Autor Dani Rosenberg (The Death of Cinema and My Father Too), der selbst während seines Militärdienstes unerlaubt fortging, ohne aber vergleichbare Folgen verursacht zu haben. Es geht dem Filmemacher bei The Vanishing Soldier auch gar nicht so sehr um eine Kritik an dem israelischen Militär, auch wenn die Idee auf der Hand liegt. Vielmehr interessiert er sich für seinen Protagonisten und beschreibt, wie dieser durch diese Situation stolpert.

Unbekümmert in die Tragödie

Dabei ist er kein außergewöhnlicher Mensch. Shlomi ist jung und unbekümmert, wirkt mehrfach etwas kindlich und naiv. Ein Held ist er sicherlich nicht, wenn er an einer Stelle die Kleidung eines anderen stiehlt. Dabei ist die Szene symptomatisch, wenn der Protagonist darum hofft, endlich frei zu sein, wer er sein will und was er tun will. The Vanishing Soldier schafft durchaus auch Verständnis für den jungen Mann, der eigentlich noch gar nicht im Erwachsenenalter angekommen ist, aber bereits mit schweren Waffen ausgerüstet wird. Dass das eigentlich Wahnsinn ist und Shlomi kaum dafür gemacht, solche weitreichenden Entscheidungen zu treffen, ist kaum zu übersehen. Aber auch in der Hinsicht macht der Film nicht klar, ob er etwas Grundsätzliches kritisieren möchte oder das nur ein Einzelfall ist.

Insgesamt sollte man von The Vanishing Soldier nicht erwarten, dass hier eindeutige Antworten geliefert werden. Rosenberg überlässt es dem Publikum, eigene Schlüsse zu ziehen. Es wird auch nicht ganz klar, was in Shlomi vor sich geht, als er mit den Konsequenzen konfrontiert wird. Ob er das überhaupt alle begreift. Das kann man unbefriedigend finden. Und doch ist das Drama sehenswert. Da sind Szenen, die unterhaltsam sind, teils geradezu komisch, wenn die Absurditäten zunehmen. Andere sind wie ein Schlag ins Gesicht. Der Einstieg, wenn der Protagonist in einer längeren Plansequenz vor allem flieht, hinterlässt ebenfalls Eindruck. Insgesamt gelingt es gut, den Wahnsinn von Shlomis Lage zu veranschaulichen, dessen jugendliche Selbstsuche und der Wunsch nach Selbstentfaltung nicht mit einem Land zu vereinbaren ist, in dem Freiheit ein eher hypothetisches Gut ist und der Krieg allgegenwärtig, so sehr man auch vor diesem zu fliehen versucht.

Credits

OT: „The Vanishing Soldier“
Land: Israel
Jahr: 2023
Regie: Dani Rosenberg
Drehbuch: Dani Rosenberg, Amir Kliger
Musik: Yuval Semo
Kamera: David Stragmeister
Besetzung: Ido Tako, Mika Reiss, Efrat Ben Zur

Bilder

Trailer

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

The Vanishing Soldier
fazit
In „The Vanishing Soldier“ macht sich ein 18-jähriger israelischer Soldat aus dem Staub, ohne zu ahnen, welches Chaos er damit anrichten wird. Der mal unterhaltsame, mal schockierende Film ist teilweise sicher Kritik am Militär, konzentriert sich aber stärker auf den jungen Protagonisten, der auf der Suche nach Freiheit und sich selbst keinen Sinn für die Realität hat.
Leserwertung0 Bewertungen
0
7
von 10