Ein Mädchen (Kea Krassau) wächst im Harz auf und erkundet neugierig ihre Umwelt, jeden Tag ein bisschen mehr. Ihre Erfahrungen sind teils absurd, teils komisch und manchmal auch sehr verstörend. Die Familie ist groß und behütet sie, bisweilen sogar etwas zu sehr, sodass ihr kaum Luft zum Atmen bleibt. Ihre Situation verändert sich jedoch, als eines Tages ihre Mutter schwer erkrankt und die Gesellschaft immer mehr in ihr Leben eingreift. Zunehmend wird ihr Leben von anderen Kräften bestimmt, während es ihrer Mutter zusehends schlechter geht. Als sie es nicht mehr aushalten kann, beschließt sie die Flucht nach vorne, außerhalb der sie bislang beschützenden Zone. Die Begegnungen, die sie bei ihrem Ausbruch macht, sind für sie prägende Ereignisse, die ihr Leben nicht nur bestimmen, sondern auch einen Blick auf die Welt zulassen.
Aus dem Keller
Mit Zone verfilmt Christina Friedrich ihren 2021 erschienenen Roman Keller, der zum einen eine Coming-of-Age-Geschichte erzählt und zum anderen als ein Porträt der Konflikte unserer Zeit gesehen werden kann. In ihrem Statement zum Film schriebt Friedrich, dass der Film eine „physische Notwendigkeit“ sei und sie über „die Geschichte einer Landschaft“ erzählen wollte. Dabei vermischen sich persönliche Erinnerungen, da Friedrich in ihrer Heimat Nordhausen in Thüringen drehte und darüber hinaus die unterschiedlichen Stimmungen unserer Zeit, wobei im Zentrum die Frage steht, ob Aspekte wie Menschlichkeit und Freiheit noch möglich sind angesichts dieser oft hoffnungslos erscheinenden Weltlage. Zone lief bereits auf Festivals wie dem Internationalen Filmfestival Rotterdam.
„Ich bin in einem seltsamen Land auf die Welt gekommen“, heißt es im ersten Kapitel von Friedrichs Romans. Aus der Sicht der jungen Heldin, die an Alice aus Lewis Carrols Alice im Wunderland erinnert, wird ihre Reise in diese Welt beschrieben, wobei ihre Abenteuer ähnlich verstörend und irritierend sind wie die von Carrols jugendlicher Heldin. Jedoch kann ist Kea Krassaus Figur keineswegs so unschuldig und naiv, denn das wurde ihr schon früh ausgetrieben. Drills, harte Arbeit und Drangsalierungen gehören zu den ersten Erfahrungen, die sie macht und eröffnen damit dem Zuschauer erste Blicke in diesen kaleidoskopischen Film, bei dem man die ein oder andere Szene mehrmals anschauen muss, um die Verweise und Anspielungen zu verstehen.
Zone ist keineswegs ein Porträt unserer Zeit in Form einer reinen Nacherzählung oder Bildabfolge, denn Friedrich geht es um die Auseinandersetzung mit den Hintergründen, warum diese Welt so verstörend ist. Die Ästhetik einer 50er Jahre Werbung trifft dabei auf die Bildsprache einer Leni Riefenstahl, während andere Sequenzen Aspekte wie Männlichkeitsgehabe und Rollenbilder aufgreifen. Interessant und abwechslungsreich ist Zone auf jeden Fall, doch nach einiger Zeit auch etwas anstrengend, was aber wohl im Sinne des Narrativs bzw. der Vorlage auch so sein soll.
Blicke auf eine dunkle, seltsame Welt
Das Mädchen im Zentrum der Handlung ist aber nicht nur eine Wiedergängerin von Alice, denn sie erscheint auch wie das weibliche Pendant zu Franz Kafkas K. in Das Schloss. Die Welt um sie herum ist dunkel und geheimnisvoll, doch anders als K. will sie sich nicht mit einer reinen Akzeptanz der Gegebenheiten abfinden. Krassau spielt ein Rebellin, die neugierig ist und die aufbegehrt, immer mehr sogar im Laufe der Handlung. Sie ist laut, theatralisch, verträumt, albern und bisweilen übertreibt sie es auch. Im Herzen ist sie eine Romantikerin, die ihren Platz im Leben sucht, während um sie herum Konformismus herrscht und der Ruf nach neuen Konflikten immer lauter wird. Auch wenn man mit der ein oder anderen Szene etwas fremdelt, Krassaus Emotionalität ist das Spiegelbild einer Generation, die nicht mehr weiß, wie sie den Realitäten der Welt, dem Krieg und der Gesellschaft begegnen soll, aber immer noch nicht aufgegeben hat, ihren eigenen Weg zu suchen.
OT: „Zone“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Christina Friedrich
Drehbuch: Christina Friedrich
Kamera: Katharina Mänz, Felix Müller, Katja Rivas Pinzon, Emma Lena Weber
Musik: Dmitri Shostakovitch
Besetzung: Kea Krassau, Rosa Wassermann, Gina Haller, Heiner Take, Hagen Ritschel, Julischka Eichel, Alois Reinhardt, Jonas Schlagowsky
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