Der Helicopter Coup

Eigentlich hatte Rami (Mahmut Suvakci) mit den Verbrechen abgeschlossen. Er will ein solides Leben für sich und seine Familie. Doch als er auf einen Betrug hereinfällt und dabei jede Menge Geld verliert, steht er plötzlich vor dem Nichts. Wie soll er dann seine Kinder ernähren? Zufällig begegnet er in dieser Phase Michel (Ardalan Esmaili), mit dem er früher sehr eng befreundet war und mit dem er so manch krummes Ding gedreht hat. Gemeinsam beschließen sie einen letzten Coup, wollen mittels eines Hubschraubers ein Gelddepot ausrauben. Minutiös bereiten sie alles vor. Das verhindert aber nicht, dass die Polizistin Leonie (Iskra Kostić) von der Sache Wind kriegt, noch bevor sie gelaufen ist. Sie ist auch fest entschlossen, den Raubüberfall zu verhindern – was nicht so einfach ist, weil sie weder weiß, wer dahinter steckt, noch wo der Überfall geplant ist …

Die Geschichte eines spektakulären Überfalls

Zuweilen hat man ja den Eindruck, dass es bald keine Verbrechen mehr gibt, zu denen Netflix nicht irgendeinen Film oder eine Serie gedreht hat. Zumindest ist der Output an True-Crime-Titeln ungebremst. Aktuell lockt der Streamingdienst mit zwei Dokumentationen. 900 Tage ohne Anabel erzählt die nervenaufreibende Geschichte einer jungen Frau, die beim Joggen entführt wurde und die jahrelang gesucht wird. Cold Case: Wer ermordete JonBenét Ramsey? wiederum erinnert an den schockierenden Fall eines Mädchens, das missbraucht und getötet im eigenen Keller gefunden wurde. Ganz so brutal geht es bei der Serie Der Helicopter Coup nicht zu, das Verbrechen geschieht hier quasi ohne Gewalt. Das bedeutet aber nicht, dass die schwedische Produktion nicht auch spannend sein kann.

Zugrunde liegt dem Ganzen der als Helikopterraub von Västberga bekannte Überfall auf ein Gelddepot in Schweden im Jahr 2009, der vom Time Magazine zu einem der zehn unverschämtesten aller Zeiten gewählt wurde. Solche unglaublichen Stoffe werden gern einmal mit viel Humor präsentiert. Stattdessen mag man es bei Der Helicopter Coup eher dramatisch. Bevor es überhaupt an die Planungen geht, wird aus dem Leben der Protagonisten erzählt. Dabei steht vor allem Rami im Vordergrund, bei dem es drunter und drüber geht, obwohl er alles richtig machen will. Das rechtfertigt zwar seine Tat nicht. Aber man ist doch darum bemüht, ihn nicht zu einem reinen Bösewicht zu machen, sondern zu einem Menschen, dem man durchaus in anderen Kontexten die Daumen drücken würde.

Spannendes Katz-und Maus-Spiel

Bemerkenswert ist dabei, dass die Serie zwei Stränge parallel verfolgt. Da sind nicht nur die beiden Gauner, die gemeinsam den großen Coup planen. Wir erfahren auch von der Polizistin, die den Gangstern auf der Spur ist. Natürlich weiß man bereits, dass sie dabei nur mäßig erfolgreich ist, sonst würde es am Ende den Überfall nicht geben, der bereits im Titel angekündigt. Und doch ist das Katz-und-Maus-Spiel in Der Helicopter Coup ganz spannend geworden. Das ist auch wichtig, weil es nicht so wahnsinnig viel Action gibt. Der Höhepunkt ist natürlich der Coup als solcher. Er wird auch größer in Szene gesetzt. Dennoch, bei insgesamt acht Folgen nimmt er zwangsläufig einen überschaubaren Raum ein, weshalb die Serie insgesamt eher ruhig angelegt ist.

Wer konstanten Nervenkitzel sucht, ist daher vermutlich falsch. Das hier ist deutlich geerdeter und auch darum bemüht, authentischer zu sein. Die Räuber sind einfallsreich, ohne dass es dabei zu absurden Konstrukten wie bei Ocean’s Eleven kommt. Das Gleiche gilt für die Gegenseite. Gern wird die Polizei im Heist-Umfeld als etwas minderbemittelt dargestellt. Der Schriftsteller Jonas Bonnier, auf dessen Roman die Serie basiert, hat bei seiner fiktionalisierten Fassung aber davon abgesehen. Ob es eine solche gebraucht hätte, darüber kann man sich zwar wie immer streiten. Aber wer damit leben kann, dass das hier nicht die vollständige Abbildung der Realität ist, sondern eher von dieser inspiriert, findet mit Der Helicopter Coup eine der besseren True-Crime-Produktionen der letzten Zeit.