Stockholm, Ende der 1950er. Eigentlich hat Erik Ponti (Isac Calmroth) eine glänzende Zukunft vor sich. Er ist intelligent, hat gute Noten, auch im Sport überzeugt er. Vor allem beim Schwimmen wird ihm eine große Laufbahn vorhergesagt. Doch er gerät immer wieder in Schwierigkeiten, ist zu Hause seinem gewalttätigen Stiefvater Åke (Gustaf Skarsgård) ausgesetzt. Als er selbst gewalttätig wird und einen Mitschüler brutal verprügelt, wird er an das Eliteinternat Stjernsberg versetzt. Doch dort geht das Unglück weiter. Der aus einer reichen Familie stammende Otto Silverhielm (Christian Fandango) und die anderen vom Schülerrat terrorisieren das gesamte Internat, sorgen mit willkürlichen Bestrafungen für Angst und Schrecken. Erik will sich davon aber nicht kleinkriegen lassen und widersetzt sich der Diktatur, nimmt dafür auch böse Eskalationen in Kauf …
Adaption eines schockierenden Romans
Nachdem wir letzte Woche in Der Code des Killers einen Mörder und Vergewaltiger jagten, bringt arte diese Woche eine nicht minder düstere Serie heraus. Dieses Mal gibt es zwar kein wahres Verbrechen, die Vorlage ist aber ebenfalls bekannt. Mit Evil – Das Böse hat der hauptsächlich für die Krimi-Figur Hamilton bekannte Autor Jan Guillou 1981 einen Volltreffer gelandet. Sein Roman über schockierende Vorkommnisse an einem schwedischen Internat traf einen Nerv, auch mehr als vier Jahrzehnte später hat das Buch nicht an Wirkung eingebüßt. Das demonstriert eine neue Serie, die auf der Vorlage basiert. Schon einmal wurde diese adaptiert, zwanzig Jahre zuvor, damals noch als Film. Natürlich darf man sich dann fragen, ob es unbedingt eine weitere gebraucht hätte. Und doch ist die Entscheidung nicht verkehrt, allein schon durch die Länge. Die Neufassung erlaubt, die Ereignisse noch einmal etwas ausführlicher zu erzählen. Insgesamt sechs Folgen umfasst Evil, jede davon ist rund 45 Minuten lang.
Dabei wurde nicht versucht, die Ereignisse für ein heutiges Publikum zu modernisieren. Die Geschichte spielt noch immer in den 1950ern, auch bei den Figuren hat sich nicht viel getan. Noch immer steht im Mittelpunkt der Jugendliche, der zuerst unter seinem brutalen Stiefvater und später unter dem nicht minder brutalen Mitschüler Otto zu leiden hat. Lustig dabei: Der Stiefvater wird von Gustaf Skarsgård gespielt, der bei dem obigen Film noch Otto verkörperte. Beide Charaktere sind auch beeindruckend gespielt, mit einer Lust an der Bösartigkeit. Sie sind nur nicht sonderlich interessant. Åke ist ein Sadist mit dünner Haut, der andere ein versnobter Sohn eines einflussreichen, weil vermögenden Mannes. Denn wer Geld hat, kann sich alles kaufen, sogar das Recht.
Spannend, aber oberflächlich
Evil zeigt dann auch eine besonders gravierende Form der Zweiklassengesellschaft. An der Spitze der Hackordnung steht der Schülerrat, dem sich nichts und niemand in den Weg stellen kann, nicht einmal die Lehrer. Der Rest muss Regeln folgen, die nach Belieben erfunden und außer Kraft gesetzt werden können. Die Serie ist dann auch eine, die bei den Zuschauern und Zuschauerinnen Wut auslösen kann. Wie immer eben, wenn Menschen unterdrückt und misshandelt werden. Erik ist der Einzige, der sich zur Wehr setzt und wird damit zu einer Art Held. Gleichzeitig ist es eine Stärke, mit welcher Ambivalenz er beschrieben wird. So ist er zweifelsfrei ein Opfer, zeigt aber immer wieder einen Hang zur Gewalt und Brutalität, die ihn in einem anderen Licht erscheinen lassen. Man weiß zwischenzeitlich nicht genau, ob er Held oder Schurke sein soll.
Die Serie versucht sich allgemein, der Titel verrät es bereits, an einer Auseinandersetzung mit der Natur des Bösen. Woher kommt es? Was macht einen Menschen böse? Wie will man das definieren? Allerdings ist Evil nicht so tiefsinnig, wie getan wird. Die diversen Monologe, oft durch Küchenhilfe und Love Interest Marja (Thea Sofie Loch Næss) geäußert, geben sich zwar philosophisch und bedeutungsschwanger. Die einzige Schlussfolgerung, dass Taten Konsequenzen haben, ist aber reichlich banal. Dafür ist die Musik umso dicker aufgetragen, was zwischendurch nerven kann. Diverse Schwächen hat die schwedische Produktion also schon. Dennoch ist sie sehenswert, hat immer wieder intensive Momente, die dazu geeignet sind, beim Publikum eine Reaktion hervorzurufen, irgendwo zwischen Schock, Spannung und Abscheu.
OT: „Ondskan“
Land: Schweden
Jahr: 2023
Regie: Erik Leijonborg, Daniel di Grado
Drehbuch: Fredrik T. Olsson
Vorlage: Jan Guillou
Musik: Adam Nordén
Kamera: Benjam Orre
Besetzung: Isac Calmroth, Thea Sofie Loch Næss, Gustaf Skarsgård, Ruth Vega Fernandez, Jens Hultén, Alexander Gustavsson, Christian Fandango, Nonni Ardal Hammarström, Leon Henzel, Björn Mosten, Saga Sarkola
Amazon (Roman „Evil – Das Böse“)
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)