Die Bäuerin Chen Fengdi (Shu Qi) lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf im Süden Chinas, das vom Anbau von Zuckerrohr lebt. Einfach ist das Leben nicht. Aber man hält zusammen, hilft einander. Doch die Idylle wird eines Tages gestört, als ein neugeborenes Kind spurlos verschwindet. Was könnte nur mit diesem passiert sein? Die verzweifelte Suche bleibt aber ohne Ergebnis, niemand will etwas gesehen haben. Während die Suche weitergeht, beginnt Chen Fengdi, sich näher mit ihrer eigenen Rolle und ihrer Familie auseinanderzusetzen und findet dabei Schritt für Schritt näher zu sich selbst …
Familiendrama mit universellen Themen
Ein Kind, das spurlos verschwindet? Das klingt eigentlich nach einem Krimi, vielleicht auch einem Thriller. Kürzlich begann A Place Called Silence mit einem ähnlichen Szenario, dort waren es mehrere Schulmädchen, die vermisst werden. Während dort aber dem Publikum von Anfang an klar ist, was mit den Teenagerinnen geschehen ist – es durfte schließlich dabei zusehen –, ist bei Good Autumn, Mommy wirklich Rätselraten angesagt. Erst nach und nach erfahren wir mehr über die Geschichte, über die Menschen, mit denen wir es hier zu tun haben und was sie miteinander verbindet. Denn da ist vieles, was unausgesprochen ist. Gibt es viele Schichten, die mühsam abgetragen werden müssen.
Dies geschieht jedoch nicht im Rahmen eines Genrefilms. Regisseur und Drehbuchautor Shizhong Chen nimmt zwar Elemente daraus, hat aber mit seinem Debüt ein Drama angelegt. Dieses behandelt mehrere Themen. Eines davon betrifft die Familie, handelt von Erwartungen und Loyalität. Und es handelt natürlich von Verletzungen, die man einander zufügt und die erst einmal versorgt werden wollen. Good Autumn, Mommy ist an diesen Stellen zum Teil zumindest ziemlich universell, wenn Dinge angesprochen werden, die auch ein internationales Publikum nachvollziehen kann. Das funktioniert ganz gut, zumal das Ensemble an der Stelle überzeugt, sowohl in den leisen Momenten wie auch denen, wenn es mal ein wenig lauter wird. Denn das kann immer mal vorkommen.
Kritisches Gesellschaftsporträt
Gleichzeitig verwendet Chen ein sehr spezifisches Setting, wenn er uns in ein ländliches China in den 1990ern mitnimmt. Vieles wirkt dort archaisch, gerade die Geschlechterbilder. So erfahren wir beispielsweise an einer Stelle, wie unterschiedlich zwei Geschwister behandelt wurden. Während der Sohn gefördert werden sollte, war die Tochter unerwünscht. Good Autumn, Mommy verbindet das persönliche Drama der Bauernfamilie also durchaus mit gesellschaftlichen Aspekten. Der Filmemacher hat auch einiges über sein Heimatland zu sagen, zeigt sich dabei kritisch. Das Dorf wird zu einem Spiegel der Gesamtbevölkerung. Ein Spiegel, der nicht unbedingt sehr schmeichelhaft ist, gerade zum Ende sind da auch harte Szenen dabei.
Diese stehen in einem starken Kontrast zu dem idyllischen Setting. So ist das hier alles ganz schön und einladend. Zumindest wenn die Sonne scheint, zu Beginn des Films wird es sehr stürmisch, was ebenfalls zur Atmosphäre beiträgt. Für ein hiesiges Publikum gibt es noch eine leicht exotische Note, wenn das Dorf vom Anbau von Zuckerrohr lebt, eine Pflanze, die man hierzulande nicht so oft sieht. Insgesamt ist Good Autumn, Mommy damit ein sehenswertes Drama. Wer sich für Gesellschaftsporträts interessiert, wird hier ebenso bedient wie Fans von Familiendramen. Und auch wenn es hier düster und tragisch zugeht, hat der Film doch auch eine aufbauende Note, wenn die Protagonistin auf einem Selbstfindungtrip ist und lernt, sich anderen gegenüber zu behaupten. Da sieht man dann auch über das etwas holprige Finale hinweg, bei dem es ein bisschen sprunghaft zugeht und nicht alles ganz glaubwürdig ausfällt.
OT: „Xun Ta“
Land: China
Jahr: 2023
Regie: Shizhong Chen
Drehbuch: Shizhong Chen
Musik: Xiaoyouli, Xiaoshu Ren
Kamera: Qi Wu
Besetzung: Qi Shu, Ke Bai, Yueting Lang, Benyu Zhang
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