Die 23-jährige Rakel (Kristine Kujath Thorp) genießt ihr Leben. Sie eilt von Party zu Party, konsumiert fleißig Drogen und Alkohol, auch bei Männern sagt sie nicht nein. Wozu auch, sie ist noch jung und hat ihr ganzes Leben vor sich. Zumindest dachte sie das. Umso größer ist die Überraschung, als sie erfährt, dass sie schwanger ist. In ihre Lebensplanung passt das überhaupt nicht. Nun muss sie überlegen, was sie tun soll. Soll sie abtreiben lassen? Das Kind bekommen? Oder vielleicht doch eine Adoption? Es bedeutet aber auch, dass sie herausfinden muss, wer denn der Vater ist. Denn da kommen der Aikido-Lehrer Mos (Nader Khademi) und Pickjesus (Arthur Berning) in Frage. Und als wäre das nicht alles auch so schon kompliziert genug, werden ihre Pläne auch anderweitig durchkreuzt …
Ein bisschen komisch ist es ja schon. Da gibt es so viele Menschen, die unbedingt Kinder bekommen wollen, es aber nicht können. Anderer wiederum erhalten Nachwuchs, worauf sie gern verzichtet hätten. Beide Themen finden sich dann auch in Filmen regelmäßig wieder, werden doch Geschichten erzählt, die aus dem Leben gegriffen sind. Joy etwa nahm uns kürzlich auf eine Zeitreise in die 1960er mit und folgt drei Menschen, die beim Thema künstliche Befruchtung Pionierarbeit leisteten – auch wenn das mit vielen Schmerzen einherging. „Ninjababy“ wiederum ist zeitgenössischer und erzählt von einer jungen Frau, die durch die Welt irrlichtert, sich auf nichts und niemanden festlegen will und plötzlich mit dem ganzen Ernst konfrontiert wird.
Die Adaption einer Graphic Novel von Inga H. Sætre tut dies jedoch mit viel Leichtigkeit. Von Anfang an herrscht ein humorvoller Ton. Wenn die Protagonistin von Mos erzählt, mit dem sie ein One-Night-Stand hatte, dann erwähnt sie, wie gut er doch nach Butter duftet, was sicherlich eine ungewöhnlichere Beschreibung für einen Mann ist. Später, wenn das Baby in dem Bauch schon angewachsen ist, darf es sich in „Ninjababy“ immer wieder in animierten Szenen zu Wort melden. Dabei wird dann gern das Geschehen kommentiert, vor allem über Pickjesus hat der künftige Neugeborene einiges zu sagen. In biologischer Hinsicht ist das alles eher weniger alltagsnah. Aber es macht doch Spaß, Regisseurin Yngvild Sve Flikke hat bei ihrem zweiten Langfilm eine vergnügliche Odyssee vorgelegt, bei der zwar gar nicht so viel geschieht und bei der man trotzdem das Gefühl hat, dass es drunter und drüber geht.
Trotz dieser regelmäßigen komisch-skurrilen Einschübe ist der Film aber keine bloße Albernheit. Tatsächlich nimmt Flikke ihre Protagonistin durchaus ernst. Diese ist zwar für das klassische Coming-of-Age-Genre schon etwas zu alt mit ihren 23 Jahren. Und doch geht es in „Ninjababy“ maßgeblich um eine Selbst- und Sinnsuche. Die Aussicht, Mutter zu werden, zwingt Rakel dazu, sich mit sich selbst, ihren Entscheidungen und der Welt da draußen auseinanderzusetzen. Als wir sie kennenlernen, will sie sich auf nichts festlegen, nicht auf einen Partner, nicht auf einen Beruf. Am Ende des Films ist sie zwar nach wie vor nicht ganz bei allem angekommen, ist sich noch immer unsicher. Doch sie hat angefangen nachzudenken, ausgelöst durch die Umstände hat ein Reifeprozess begonnen, der sie noch weiter verfolgen wird, über den Abspann hinaus.
Die norwegische Schauspielerin Kristine Kujath Thorp (Sick of Myself, King’s Land) ist dafür eine prima Besetzung. Sie bringt die Leichtigkeit mit, die es für eine derart chaotische Hauptfigur braucht, ohne dass es deswegen oberflächlich würde. Es macht Spaß ihr dabei zuzusehen, wie sie durch das Leben stolpert, das mal etwas lauter, mal etwas leiser tut. Dass „Ninjababy“ seinerzeit auf mehreren Festivals lief und auch den einen oder anderen Preis abstauben konnte, verwundert daher nicht. Das Publikum findet hier eine charmante Komödie, welche gut die Balance zwischen Skurrilem und Alltäglichem hält, dabei Fragen stellt, mit denen man sich auch selbst gern auseinandersetzen kann.
OT: „Ninjababy“
Land: Norwegen
Jahr: 2021
Regie: Yngvild Sve Flikke
Drehbuch: Johan Fasting
Vorlage: Inga H. Sætre
Musik: Kåre Vestrheim
Kamera: Marianne Bakke
Besetzung: Kristine Kujath Thorp, Arthur Berning, Nader Khademi, Tora Dietrichson, Silya Nymoen
Berlinale 2021
SXSW 2021
Zurich Film Festival 2021
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