Wenn Weihnachten naht, macht sich das nicht nur in den Geschäften und im Straßenbild bemerkbar. Auch im Kino laufen dann eine Reihe von Filmen, die sich irgendwie mit dem Thema beschäftigen. Oft sollen mit diesen Familien beglückt werden, zuletzt etwa mit dem Kleinstadtporträt Weihnachten in der Schustergasse oder der animierten Kurzfilmsammlung Weihnachten der Tiere. Dieses Jahr gab es aber auch Beiträge, die ein älteres Publikum anvisierten: die Actionkomödie Red One: Alarmstufe Weihnachten, bei der mehrere Leute den Weihnachtsmann retten müssen, und Terrifier 3, den neuesten Teil der kultigen Schlachtplatte. Doch gerade, wenn man meint, man habe alles gesehen, kommt mit So This Is Christmas ein ganz anderer Film, der sich mit dem Thema auseinandersetzt.
Ernste Themen hinter der Weihnachtsdoku
Anstatt irgendwelche fantastischen Geschichten zu erzählen und sein Publikum die Realität vergessen lassen zu wollen, geht es Regisseur Ken Wardrop (Klavierstunden) darum, eben diese Realität abzubilden. Genauer reist der irische Filmemacher in eine Kleinstadt in seiner Heimat und spricht mit einigen Menschen, die dort leben. Da Weihnachten vor der Tür steht, wird auch das Fest immer mal wieder zum Thema. Beispielsweise kommt ein Pfarrer in So This Is Christmas zu Wort, der einem Kind beantworten muss, wie der Weihnachtsmann und Jesus zusammenhängen – was ein bisschen Fingerspitzengefühl erfordert. An anderen Stellen dürfen die Befragten darüber sprechen, wie sie selbst Weihnachten feiern werden und was ihnen diese Zeit bedeutet.
Das klingt nach Harmonie und Süßigkeiten und ganz viel Besinnlichkeit. Stattdessen werden eine Reihe ernster Themen angesprochen. Da geht es beispielsweise um Armut, wenn eine Mutter nicht genug Geld hat, um ihren Kindern Geschenke zu kaufen. Es reicht ja nicht einmal für den Alltag. So This Is Christmas stellt dabei schon einen Kontrast auf zu den Konsumexzessen, die man mit dieser Zeit in Verbindung bringt. Wie kann es sein, dass auf der einen Seite Leute lauter unnötigen Kram kaufen, während andere kaum über die Runden kommen? Es ist aber nicht so, dass der Film das zum Hauptthema machen würde. Gesellschaftskritische Momente finden sich zwar schon, die Dokumentation hat aber nicht den Anspruch, selbst etwas Allgemeingültiges über Weihnachten zu sagen. Stattdessen gibt es eine Reihe von Einzelschicksalen.
Bewegend, ohne manipulativ zu sein
Diese handeln auch nicht ausschließlich von materiellen Themen. Beispielsweise erzählt eine ältere Frau davon, dass sie niemanden mehr im Leben hat und gibt einen Einblick in ihre Einsamkeit. Ein anderer hat seine Frau verloren, was ihm gerade zur Weihnachtszeit sehr zu schaffen macht. Zu sehen, wie andere mit ihren Liebsten Zeit verbringen, und das selbst nicht mehr zu können, das ist schon hart. Auf diese Weise geht So This Is Christmas immer mal wieder zu Herzen, führt einem vor Augen, worauf es wirklich ankommt. Wardrop verzichtet aber darauf, manipulativen Herzschmerz draus zu machen und mit einer Überdosis Kitsch Reaktionen provozieren zu wollen. Der Film ist zwar einfühlsam, schlachtet aber die Gefühle nicht aus.
Ob das die Bedürfnisse eines Publikums befriedigen wird, das einen Weihnachtsfilm sucht, darüber kann man sich zwar streiten. Sehenswert ist das Ergebnis aber auf jeden Fall. Auch wenn andere Beiträge aus dem Segment mit Besinnlichkeit werben, so menschlich wie hier wird es normalerweise nicht. So This Is Christmas lässt einen vielleicht Weihnachten nicht mit komplett anderen Augen sehen. Diese Absicht verfolgt auch niemand. Die Zuschauer und Zuschauerinnen werden aber ermuntert, den Blick ein wenig schweifen zu lassen und zu erkennen, was um einen herum vor sich gehen kann. Und das bleibt doch etwas mehr in Erinnerung, als es die vielen seelenlosen 08/15-Weihnachtsfilme tun, die Jahr für Jahr produziert werden.
OT: „So This Is Christmas“
Land: Irland
Jahr: 2023
Regie: Ken Wardrop
Musik: Eímear Noone, Craig Stuart Garfinkle
Kamera: Narayan van Maele
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