Helene (Christine Ostermayer) blickt auf eine lange und erfolgreiche Karriere im Theater zurück, als Schauspielerin genoss sie große Bekanntheit. Doch nun ist sie über 80 und ist erneut an Krebs erkrankt. Ein weiteres Mal sich behandeln lassen? Das kommt für sie nicht in Frage, sie hat genug davon, hat auch genug von dem Leben. Und so beschließt sie, in eine Sterbeklinik in die Schweiz zu fahren. Alles ist bereits organisiert, nichts wird dem Zufall überlassen. Dabei macht ihr der Neffe Josef (Manuel Rubey) aber einen Strich durch die Rechnung. Denn der arbeitet bei einer konservativen Partei und will groß Karriere machen. Ein Selbstmord würde ihm beruflich schaden, davon ist er überzeugt. Zu ihrem Glück ist da aber auch noch Toni (Margarethe Tiesel), mit der sie sich vorübergehend ein Zimmer in der Seniorenresidenz teilt. Zwar kann Helene mit der lauten und aufdringlichen Frau nicht viel anfangen. Als diese aber anbietet, sie in die Schweiz zu fahren, kann die Diva schlecht Nein sagen …
Die Flucht in den Tod
Sollte man sein Leben um jeden Preis bis zum Moment auskosten oder doch lieber das Ende selbst bestimmen können? Das ist eine Frage, die in Filmen immer wieder gestellt wird. Dabei geht es vor allem um Menschen, die an einer schweren Krankheit leiden, die sie zunehmend schwächer werden lässt, und die nicht in den letzten Monaten vor sich hin vegetieren wollen. Um dies nicht erleiden zu müssen, steht dann ein Gang zu einer Spezialklinik an, die einem beim Selbstmord helfen. Kürzlich war da etwa They Will Be Dust, bei der eine 70-Jährige ihrem Gehirntumor zuvorkommen will und von ihrem Mann in den Tod begleitet werden soll. Bei Hin und weg unternimmt ein Mann mit unheilbarer Nervenkrankheit eine letzte Reise mit der Familie und dem Freundeskreis. Mit Toni und Helene startet nun ein weiterer Film im Kino, der mit einem solchen Szenario arbeitet.
Während die Tonalität bei den oberen Filmen aber eine überwiegend ernste ist, versucht man es bei der deutsch-österreichischen Coproduktion mit Humor. Dafür greift das Regie- und Drehbuchduo Sabine Hiebler und Gerhard Ertl auf ein bewährtes Element zurück, das in Filmen immer wieder zum Einsatz kommt: das odd couple. Für ein solches Szenario nehme man zwei grundverschiedene Menschen und lasse diese durch äußere Umstände Zeit miteinander verbringen. Dabei kommt es zwangsläufig zu Reibungen, die im Idealfall das Publikum zum Lachen bringen sollen. Toni und Helene hält sich an dieses alte Prinzip, indem ein steifer, korrekter Mensch auf einen chaotischen, lauten trifft. Dass die zwei nicht zusammenpassen, weiß man nach der ersten gemeinsamen Szene. Und auch später wird es viele Szenen geben, in denen die Figuren aneinandergeraten.
Amüsant mit schönem Happy End
Eng mit diesem Konzept verbunden ist aber auch, dass diese zunächst inkompatiblen Menschen mit der Zeit zusammenfinden und sich näherkommen. Die anfängliche Antipathie wird abgebaut, man entwickelt Verständnis füreinander, bis am Ende eine wertvolle Freundschaft entsteht. Toni und Helene versucht nicht einmal, an diesen Konventionen zu rütteln. Insgesamt sind die Überraschungen eher rar gesät. Selbst bei einer späten Wendung ist es nicht so, als wäre der Einfall sehr originell. Nicht nur, dass es vorher mehrere Hinweise gibt. Das Ziel ist ebenfalls vorherzusehen. Wer sich also erhofft, dass der Film dem Szenario neue Seiten abgewinnt, sollte die Hoffnungen beim Kinobesuch lieber daheim lassen.
Aber das bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass ein Film schlecht ist. Tatsächlich ist Toni und Helene immer wieder amüsant, wenn aus der Zufallsbekanntschaft ein Roadmovie wird, bei dem es regelmäßig drunter und drüber geht. Der Einfall, dass die designierte Selbstmörderin von ihrem skrupellosen Neffen verfolgt wird, beschert uns einige witzige Momente. Auch das gut aufgelegte Ensemble sorgt dafür, dass man hier trotz der vielen Déjà-vus unterhalten wird. Zumal es zumindest am Ende eine wirklich schöne Idee gibt, die für ein Happy End der anderen Art sorgt und einen auf den letzten Metern versöhnlich stimmt.
OT: „Toni und Helene“
AT: „80 Plus“
Land: Deutschland, Österreich
Jahr: 2024
Regie: Sabine Hiebler, Gerhard Ertl
Drehbuch: Sabine Hiebler, Gerhard Ertl
Musik: Dirk Reichardt
Kamera: Anna Hawliczek
Besetzung: Christine Ostermayer, Margarethe Tiesel, Manuel Rubey, Thomas Mraz, Julia Koschitz
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)