Als Ephraim Zamir (Heiner Lauterbach) ankündigt, einen jüdischen Tempel finanzieren zu wollen, toben der rechte Politiker Wilhelm Thielen (Michael Roll) und seine Männer vor Wut. Um den Bau noch zu verhindern, schickt er Karl Rieger (Klaus Steinbacher) und Steiner (Paul Wollin) los, damit sie den unerwünschten Spender von seinem Plan abbringen. Begleitet werden die Neonazis dabei von dem 13-jährigen Thomas Worch (Nico Marischka), um den sich Rieger kümmert. Als der Jugendliche in seiner Panik die Adoptivtochter von Zamir tötet, ahnt er nicht, was er damit anrichtet, denn der zurückgezogen lebende Mann hat nicht vor, die Eindringlinge einfach so wieder gehen zu lassen. Während Denise Koch (Anja Herden) und Achim Schuster (Murathan Muslu) von der Polizei versuchen, die Situation unter Kontrolle zu kriegen und Riegers Bewährungshelferin Marie Stresemann (Milena Tscharntke) herbeieilt, nutzt Fernsehmoderatorin Carla Kleinfeld (Désirée Nosbusch) die Gunst der Stunde …
Adaption eines bekannten Romans
Dass der ganz große Run auf Streamingdienste inzwischen vorbei ist, dürfte sich rumgesprochen haben. Die Zahl neuer Produktionen hat spürbar abgenommen. Noch schockierender ist, wie die diversen Anbieter zunehmen eigene Titel wieder aus dem Programm nehmen. So etwa Paramount+, die Serien wie Kohlrabenschwarz wieder gelöscht und an andere verscherbelt haben. Mit Turmschatten erscheint nun eine Serie, die eigentlich auch für diesen Streamingdienst geplant war, es aber gar nicht erst dorthin geschafft hat. Stattdessen wird sie nun bei Sky bzw. Wow ausgestrahlt, die zuvor selbst deutsche Produktionen eingestellt und bereits gedrehte Titel wieder abgestoßen haben. Die Branche bleibt also weiterhin im Umbruch, da herrscht viel Unsicherheit.
Dabei hat Turmschatten durchaus Potenzial, für mediale Aufmerksamkeit zu sorgen. Nicht nur, dass man hierfür ein prominentes Ensemble fand, das hiesige Publikum darf viele bekannte Gesichter aus Kino und Fernsehen entdecken. Es handelt sich zudem um die Adaption einer preisgekrönten Vorlage. Genauer stand der gleichnamige Roman von Peter Grandl Pate, der ab 2015 als Fortsetzungsgeschichte im Internet erschien, später auch als gedruckte Fassung seine Fans fand. So viele, dass inzwischen auch eine Fortsetzung namens Turmgold vorliegt. Wenig überraschend endet die Serie dann auch so, dass es im Anschluss weitergehen kann. Es ist aber nicht so, dass man mit einem bösen Cliffhanger zurückgelassen wird und zu viele Fragen offenbleiben. Selbst wenn keine zweite Staffel gedreht würde, kann man auf seine Kosten kommen, eine Fortsetzung ist nicht zwingend nötig.
Spannend, mit viel verschenktem Potenzial
Zumal eine vergleichbare Situation wie hier sowieso kein zweites Mal funktionieren würde. Eines vorab: Glaubwürdigkeit sollte man ebenso wenig erwarten wie interessante Figuren. Die meisten hier sind nichtssagend, manch nervig, andere nur Stereotype. Am ehesten versucht man noch bei Rieger, so etwas wie Ambivalenz zu schaffen, indem bei ihm ein Umdenkprozess eingesetzt hat. Das Ergebnis ist jedoch weniger überzeugend, vor allem die Sache mit der geheimen Beziehung nimmt man der Serie einfach nicht ab. Die Figur des Zamir ist in Turmschatten auch nicht so wirklich spannend. Ihm wird zwar ebenso wie Rieger eine Vorgeschichte mitgegeben, welche seine Motivation erklären soll. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Situation findet bei ihm aber nicht statt.
Dabei gibt es hier einiges, worüber man sprechen kann, vielleicht auch sollte. Der Aufstieg einer rechten Partei, verbunden mit Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, das kommt einem schon bekannt vor, war natürlich auch 2015 schon Thema. Während dabei keine wirklichen Impulse für neue Gedanken zu holen sind, ist die Sache mit der Selbstjustiz, einer auf Leben und Tod entscheidenden Demokratie und auch die mediale Aufarbeitung deutlich spannender. Leider verfolgt die Serie, die auf dem Filmfest München 2024 Premiere feierte, diese Gedanken nicht sehr weit. Stattdessen gibt es bei Turmschatten viel Plakatives und Lärm, wenn die Situation immer weiter außer Kontrolle gerät. Das ist dann alles nicht unspannend, nur eben so übertrieben, dass irgendwann Augenrollen angesagt ist. Die zum Teil übel schwankenden schauspielerischen Leistungen und die streckenweise dämlich agierenden Figuren machen es auch nicht einfacher, das alles ernst zu nehmen, was angesichts der Schwere der Themen viel verschenktes Potenzial bedeutet.
OT: „Turmschatten“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Hannu Salonen
Drehbuch: Christian Limmer, Peter Grandl
Vorlage: Peter Grandl
Musik: Martina Eisenreich, Michael Kadelbach
Kamera: Felix Cramer
Besetzung: Heiner Lauterbach, Klaus Steinbacher, Désirée Nosbusch, Milena Tscharntke, Anja Herden, Murathan Muslu, Paul Wollin, Michael Roll, Deleila Piasko, Sina Reiß, Anton Spieker, Samuel Koch, Elena Carriére, Mira Mazumdar, Nico Marischka
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)