Frances Price (Michelle Pfeiffer) verkehrt in den höchsten New Yorker Kreisen, ist es gewohnt, ein Leben in Luxus zu führen. Doch damit ist es nun vorbei, das Geld ist alle. Und was nun? Anstatt sich mit der veränderten Situation zu befassen, beschließt sie, nach Paris zu fahren, gemeinsam mit ihrem Sohn Malcolm (Lucas Hedges). Schließlich ist da die leerstehende Wohnung ihrer Freundin Joan (Susan Coyne), in die sie ziehen könnte. Schon auf dem Weg dorthin kommt es jedoch zu einer Reihe bemerkenswerter Begegnungen. Und auch in ihrer neuen Wahlheimat bekommen es die beiden mit den unterschiedlichsten Leuten zu tun, darunter Geistern der Vergangenheit, die sie überall hin verfolgen …
Das Leben mit und ohne Geld
Filme und Serien, die in der High Society spielen, gibt es natürlich einige. Manche betonen dabei den Glamour, bieten dem Publikum die Möglichkeit davon zu träumen, mal selbst bei den Reichen und Schönen ein und auszugehen. Andere nehmen solche Anlässe, um hinter die Kulisse zu blicken und die Hässlichkeit zu enthüllen. Das können dann entweder böse Intrigen sein, wenn diese Parallelwelt zu einem Haifischbecken wird. Andere zeigen bevorzugt dysfunktionale Familien und verdeutlichen damit, dass Geld auch nicht glücklich macht. Grundsätzlich gilt das auch für French Exit, wenn wir hier ein Mutter-Sohn-Duo kennenlernen, bei dem wirklich einiges im Argen liegt – sowohl innerhalb der Familie wie auch beim Umgang mit anderen Menschen.
Drehbuchautor Patrick deWitt (The Sisters Brothers), der hiermit seinen gleichnamigen Roman von 2018 adaptiert, hat dafür aber ein etwas anderes Szenario verwendet. Anstatt den Alltag in der High Society zu zeigen, sehen wir jemanden, der diese hinter sich lassen muss, darauf aber gar nicht vorbereitet ist. Das bietet sich an für eine Culture-Clash-Komödie. Dass jemand, der sonst nur Luxus gewohnt ist, auf einmal ein gewöhnliches Leben führen muss, wurde in diesem Genre hin und wieder als Szenario genutzt. French Exit ist zwar primär auch eine Komödie, die mit dieser Situation für Unterhaltung sorgen will. Der Film greift aber auf einen schwärzeren Humor zurück, wenn die Protagonistin sich immer wieder als bissige Zynikerin zu erkennen gibt. Manches ist auch absurd, wenn Malcolm bei der Überfahrt mit der Wahrsagerin Madeleine (Danielle Macdonald) anbändelt und später ihre Dienste in Anspruch nehmen will.
Gala-Show einer Hollywood-Diva
Diese verschrobenen Figuren werden dabei durchaus mit ernsten Themen verbunden. Da geht es um Einsamkeit, die Sehnsucht nach Anerkennung, schmerzhafte Erinnerungen, sogar Selbstmord wird irgendwann angesprochen. Es gelingt dabei Regisseur Azazel Jacobs, der kürzlich mit Drei Töchter ein sehr gutes Drama um einen sterbenden Mann und eine zerstrittene Familie gedreht hat, die Balance aus den überzogenen Elementen und den eher bodenständigen. Auch wenn Frances aus einer anderen Welt kommt und zwischendurch anderen ihre Verachtung demonstriert, ist sie in French Exit doch kein reines Monster. Hinter der eiskalten Hülle blitzt immer wieder die Menschlichkeit hervor, wird deutlich, dass da jemand ist, der selbst mit dem Leben zu kämpfen hat.
Das ist natürlich auch der Verdienst von Michelle Pfeiffer, die hier wieder eine Gala-Vorstellung abliefert und zum achten Mal für einen Golden Globe nominiert wurde. Insgesamt hat der Film natürlich ein sehr gutes Ensemble, da gibt es gleich mehrere Gründe, sich dieser Odyssee anzuschließen. Aber so stark deren Leistungen auch sind, neben der Hollywood-Diva bleibt ihnen nur ein Platz in der zweiten Reihe – so wie im Film selbst Frances alle an den Rand drückt. Richtig gesellschaftlich relevant ist French Exit nicht, obwohl es das Szenario durchaus ermöglicht hätte. Wer darauf aber verzichten kann, findet hier einen sehenswerten Film, der überwiegend Spaß macht, selbst wenn hinter dem Grinsen das eine oder andere Herz sehr schwer wird.
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