Schwester Paxton (Chloe East) und Schwester Barnes (Sophie Thatcher) haben es sich zur Aufgabe gemacht, die frohe Botschaft der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zu verbreiten und Menschen für ihren Glauben zu gewinnen. Dabei begegnen sie eines stürmischen Tages dem freundlichen Mr. Reed (Hugh Grant), der sie in sein Haus hineinbittet. Dort sollen sie sich bei einem Stück Kuchen erholen können, den seine Frau gerade zubereitet, während sie sich über Religion unterhalten. Zumindest sagt er das. Doch je mehr Zeit sie in dem Anwesen verbringen, umso unheimlicher wird ihnen dieses. Sie müssen zudem feststellen, dass es weder die Frau noch den Kuchen gibt. An religiösen Diskussionen ist der ältere Mann dennoch interessiert – nur nicht auf die Weise, die den beiden vorschwebt …
Horror mit langem Vorlauf
Nachdem Scott Beck und Bryan Woods zuvor schon an mehreren Filmen gearbeitet hatten, wurden sie durch das Drehbuch zum Science-Fiction-Horror A Quiet Place schlagartig bekannt. Bis heute ist es dieser Film, der immer wieder erwähnt wird, wenn sich die zwei an einen neuen Film wagen. Das liegt aber nicht nur daran, dass dieser sehr erfolgreich war und ein ganzes Franchise begründete. Die anschließenden Filme der beiden waren einfach nicht besonders gut. So war Halloween Haunt über einen tödlichen Ausflug in ein Spukhaus letztendlich langweilig. Der Dino-Sci-Fi-Streifen 65 war sogar so schlecht, dass die Presse ihn nicht vorab sehen durfte. Richtig groß war die Vorfreude daher nicht, als Heretic angekündigt wurde, mit dem das Regie- und Drehbuchduo zum Horrorgenre zurückkehrt. Umso schöner ist die Überraschung, dass der Beitrag deutlich besser ist und aufzeigt, dass die beiden doch noch gute Ideen haben.
Dabei dauert es eine Weile, bis das wirklich klar ist. Tatsächlich weiß man hier längere Zeit gar, was denn eigentlich das Thema des Films ist. Ein bisschen dubios tritt Hugh Grant, der zuletzt mehrfach eine Vorliebe für Schurken demonstriert hat, zwar schon auf. Die Einladung in das abgelegene Haus wird bei einem erfahrenen Publikum diverse Warnsignale beinhalten. Anders aber als bei Halloween Haunt, wo es nicht lange dauerte, bis es ordentlich zur Sache ging, da ist Heretic ausgesprochen zurückhaltend. Der alte Mann und die beiden Frauen unterhalten sich, mehr passiert da nicht. Wenn eine unheilvolle Atmosphäre herrscht, und die wird zunehmend aufgebaut, dann liegt das nicht an der Handlung. Erst später werden Beck und Woods mehr in dieser Hinsicht aufzeigen und die Genrezugehörigkeit verdienen. Die Spannung bei dem Film besteht aber primär darin, dass man nicht schlau wird aus diesem älteren Fremden. Was genau will er von den beiden Frauen?
Genüssliche Katz-und-Maus-Diskussion
Die Antwort ist zumindest teilweise im Titel versteckt. Wenn ein Film sich „Ketzer“ nennt, ist klar, dass der religiöse Aspekt eine Rolle spielt, zumal die beiden Protagonistinnen nicht einfach „nur“ junge Frauen sind. Sie sind Frauen, die andere von ihrem Glauben überzeugen wollen. Offen bleibt jedoch, ob sich das Ketzerische auf den Mann bezieht oder die beiden Schwestern. Im Laufe der Geschichte kommt es dann auch zu religiösen Auseinandersetzungen, bei der es um ganz grundsätzliche Fragen geht. Heretic ist kein okkulter Thriller, auch wenn man das anfänglich meinen könnte, sondern ein Film, der sich und andere Frage, was Religion eigentlich ist, woher sie kommt und was ihr Zweck ist. Das hätte grundsätzlich auch als Glaubensdrama funktionieren können. Das Kreativduo wollte aber vor allem Spaß haben und nimmt dafür in Kauf, dass es mitunter plakativ wird.
Das gelingt prinzipiell gut. Zwar ist der Horrorthriller, der auf dem Toronto International Film Festival 2024 Premiere feierte, ein bisschen lang geworden. 110 Minuten hätte es nicht unbedingt gebraucht. Unterhaltsam ist der Genrebeitrag aber auf jeden Fall. Da ist nicht nur die besagte anfängliche Neugierde, verbunden mit einem gewissen Mysteryfaktor. Heretic ist zudem ein willkommener Anlass für Grant, sich seinen finsteren Seiten hinzugeben. Geradezu genüsslich spielt er den Mann, der wie eine Katze vor den ahnungslosen Mäusen sitzt. Aber auch die eine oder andere verblüffende Wendung, sowohl innerhalb der Dialoge wie auch bei der später einsetzenden Handlung, sorgen dafür, dass der Unterhaltungswert stimmt. Wenn Beck und Woods in Zukunft einen weiteren Film vorlegen, darf dieser dann neben dem obligatorischen A Quiet Place auch gern auf diesen hier verweisen. Verdient hätte er es.
OT: „Heretic“
Land: USA
Jahr: 2024
Regie: Scott Beck, Bryan Woods
Drehbuch: Scott Beck, Bryan Woods
Musik: Chris Bacon
Kamera: Chung Chung-hoon
Besetzung: Hugh Grant, Sophie Thatcher, Chloe East
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