Für Mia (Emma Preisendanz) bricht eine Welt zusammen, als Lukas Bärwein (Florian Geißelmann), von den anderen „Lucky“ genannt, stirbt. Schließlich war er die große Liebe der Jugendlichen, mit ihm hatte sie immer wieder Amateurpornos gedreht. Doch jemand hat ihn ermordet. Nur wer? Und aus welchem Grund? Kommissarin Cris Blohm (Johanna Wokalek) und ihr Kollege Dennis Eden (Stephan Zinner) versuchen das herauszufinden. Dafür tauchen sie nicht nur in die Szene des gefilmten Sexes ein, sondern auch in die Welt der High Society, in der Mias Vater verkehrt, der Münchner Unternehmer Ralph Horschalek (Martin Rapold). Könnte er etwas damit zu tun haben, um seinen Ruf zu schützen? Da erhält die Polizei einen entscheidenden Hinweis, der jedoch einen kleinen Haken hat: Sie darf diesen nicht verwenden …
Amateurporno trifft Schickimicki
Zum Ende des Jahres geht es in den öffentlich-rechtlichen Sender mal wieder besonders mörderisch zu, das Erste und das ZDF überbieten sich gegenseitig mit neuen Krimis. Nachdem zuletzt der Tatort wieder besonders oft vertreten war, etwa mit der Betrugsgroteske Man stirbt nur zweimal und dem konfliktreichen Made in China, darf zum Ausklang auch Polizeiruf 110 noch einmal um die Gunst des Publikums wetteifern. Das ist prinzipiell willkommen, da die Reihe diesen Herbst sehr stiefmütterlich behandelt wurde. Mit Wasserwege über eine ermordete Studentin, die in einem Kanu gefunden wurde, gab es gerade einmal einen neuen Film. Jetzt kommt mit Jenseits des Rechts noch ein zweiter. Und offensichtlich wollte man die seltene Gelegenheit nutzen, um umso mehr Stoff in die anderthalb Stunden zu stopfen.
So könnte man anfangs meinen, dass es diesmal explizit um das Thema Amateurpornos geht. Wer dreht solche? Wer schaut diese? Und ist das nun Ausdruck von Selbstbestimmung oder doch nur Ausbeute? Aber auch wenn Polizeiruf 110: Jenseits des Rechts immer mal wieder entsprechende Szenen zeigt, hat der Film doch ziemlich wenig über das alles zu sagen. Wo Tatort: Siebte Etage kürzlich noch eine Diskussion rund um Sexarbeit starten wollte, daran aber scheiterte, wird hier nicht mal versucht, irgendwie relevant zu sein. Die Gegenüberstellung mit dem anderen Milieu, dem Glamour des Unternehmen-Schickimicki, klang auch reizvoller, als es das Ergebnis ist. Ein bisschen ist natürlich beides eine reine Fassade, das Spiel mit Träumen und Sehnsüchten. Substanz hat das aber nicht, ebenso wenig die diversen anderen Themen, die plötzlich aufkommen.
Verspielt und spannungsarm
Am interessantesten ist dabei noch die juristische bzw. moralische Frage, die der Film aufwirft. Wie schon der Titel Polizeiruf 110: Jenseits des Rechts vorwegnimmt, setzt sich die Protagonistin irgendwann über die Grenzen der Legalität hinweg. Auch darüber ließe sich viel diskutieren. Viel draus gemacht wird aber nicht, zumal es wünschenswert wäre, wenn es in den vielen Krimis, in denen die Polizei Gesetze bricht, irgendwann auch mal Konsequenzen gezogen werden. Klar, ein Krimi muss weder realistisch noch tiefgründig sein. Dann sollte es aber wenigstens spannend werden. Das ist hier aber kaum der Fall, der 416. Film des Dauerbrenners ist über weite Strecken eher langweilig. Selbst zum Schluss, wenn es mal brisanter wird, ist der Nervenkitzel überschaubar.
Dafür darf sich Regisseur Dominik Graf wie so oft inszenatorisch austoben. Da kommen dann schon mal Splitscreens zum Einsatz, nicht weil der Inhalt das unbedingt vorgeben würde, sondern weil der Filmemacher es kann. Immerhin, an manchen Stellen wird es dadurch sehr stylisch, das Publikum bekommt dann schon etwas zu sehen. Das ändert aber nichts daran, dass Polizeiruf 110: Jenseits des Rechts ein mäßig interessanter Genrevertreter ist. Hier wird zwar mehr versucht als bei vielen anderen deutschen Fernsehkrimis, wo nur der Autopilot eingeschaltet wird. Wenn das dann aber nicht konsequent verfolgt wird und der Inhalt so dünn ist, kann man sich das auch sparen. Das Krimijahr geht mit einem Titel zu Ende, den man sich getrost sparen kann.
OT: „Polizeiruf 110: Jenseits des Rechts“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Dominik Graf
Drehbuch: Tobias Kniebe
Musik: Florian Van Volxem, Sven Rossenbach
Kamera: Hendrik A. Kley
Besetzung: Johanna Wokalek, Stephan Zinner, Emma Preisendanz, Michael Roll, Jule Gartzke, Martin Rapold, Florian Geißelmann, Carin C. Tietze
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