Cynthia Erivo als Elphaba und Ariana Grande als Glinda in WICKED
© Universal Pictures

Wicked – Teil 1

WICKED Filmposter
„Wicked – Teil 1“ // Deutschland-Start: 12. Dezember 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Wir befinden uns im zauberhaften Land von Oz, alle feiern ausgelassen den Tod der bösen Hexe des Westens, Elphaba (Cynthia Erivo). Doch Glinda die Gute (Ariana Grande) – ihre Gegenspielerin – scheint nicht ganz so glücklich darüber wie die Manschkins und anderen Ozianer. Es wird offenbart, dass die beiden gemeinsam auf die berühmte Glizz-Universität gingen und dort nach einer Weile zu besten Freundinnen wurden. Wie konnte es zu einem derart eklatanten Auseinanderfallen kommen? Sind die Bösen von den Guten vielleicht doch nicht ganz so einfach zu unterscheiden?

Alles Oz oder was? 

Die Geschichte Der Zauberer von Oz mit dem Mädchen Dorothy, ihrem Hund Toto, dem feigen Löwen, der Vogelscheuche, die gern Verstand, und dem Blechmann, der gern ein Herz hätte, ist den meisten Menschen geläufig. Sei es direkt durch den Roman von L. Frank Baum oder einer der zahlreichen Filmadaptionen, darunter nicht zuletzt die ikonische Verfilmung von 1939, die durch die neue Technicolor-Technik ebenso bestach wie durch die Besetzung der berühmten Sängerin Judy Garland als Dorothy.

Um all diese wohlvertrauten Charaktere geht es in Wicked jedoch nicht. Denn in den 90er Jahren hatte Autor Gregory Maguire den famosen Einfall, die berühmte Erzählung aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten: Dem der bösen Hexe des Westens. Und es funktionierte: Das Buch wurde zum Erfolg und nach einigen Jahren für den Broadway als Musical adaptiert, das es zu einer treuen Gefolgschaft an Fans brachte, die auch heute noch begeistert die Theatersäle füllen. Eigentlich ist es erstaunlich, dass es bislang noch keine Verfilmung des Stoffes auf die Kinoleinwände gebracht hat.

Doch nun ist das Filmmusical da. Und wie! Universal Pictures ließ sich wahrlich nicht lumpen und hat geschätzte 150 Millionen Dollar für die Produktion unter der Regie von Jon M. Chu springen lassen. Und das merkt man: Von Star-Besetzungen wie Sängerin Ariana Grande über den tatsächlichen Aufbau jedes einzelnen Sets bis hin zu detaillierten Stickereien auf den Kostümen. Dabei steckt so viel Handarbeit und Liebe für das ganze Oz-Universum und seinen Figuren in diesem Film, dass es sich geradezu zwangsläufig auch auf das Publikum überträgt. Man möchte direkt mit hineintreten in die farbenfrohe Welt der Manschkins, der ehrwürdigen Glizz-Universität oder der grünfunkelnden Smaragdstadt. Und man kommt kaum hinterher all die raffinierten und detailverliebten Kleidungsstücke anzuschauen, die über die Leinwand wirbeln – angefangen mit Glindas rosafarbenem Bubble Dress bis hin zu Elphabas ikonischem Hexenhut. Wenn im kommenden Jahr für dieses hochkarätige Produkt- und Kostümdesign nicht mindestens eine Nominierung bei den Oscars herausspringt, müsste man sich doch sehr wundern.

Ein Cast, der verzaubert

Doch nicht nur die Optik ist in Wicked außerordentlich gelungen. Auch der Cast macht seine Sache absolut fantastisch. Hauptdarstellerin Cynthia Erivo hat zwar schon diverse Auszeichnungen und Nominierungen in Broadway- und Filmproduktionen vorzuweisen, dürfte dem breiten deutschen Publikum bislang jedoch eher unbekannt sein. Mit Wicked dürfte ihr Stern am Hollywoodhimmel endgültig aufgegangen sein und wir werden künftig noch viel mehr von ihr zu sehen bekommen. Mühelos bringt sie den Zuschauer:innen ihre Figur Elphaba in all ihrer Komplexität näher: wegen ihrer Hautfarbe ausgegrenzt, sich nach außen hin stark und uneingeschüchtert gebend, insgeheim jedoch verletzlich, einsam und vom Wunsch durchdrungen, von der Gesellschaft Anerkennung und Liebe zu bekommen, und trotzdem furchtlos, wenn es darum geht, andere Benachteiligte und Ausgegrenzte zu beschützen.

Auch Ariana Grande, deren Name nicht gerade ein unbeschriebenes Blatt ist, kann doch ebenso positiv überraschen mit einer Hingabe an die Rolle der Glinda, die ihresgleichen sucht. Sie flattert und tänzelt pinkfarben über die Leinwand, so naiv und gewiss, mit ihrer Popularität alles zu erreichen, dass es ebenso lustig wie – erwünschtermaßen – nervtötend ist. Ebenso geht Jonathan Bailey – bekannt durch Bridgerton – völlig in der Rolle des Tunichtguts Prinz Fiyero auf, der hinter seiner Oberflächlichkeit und dem Zahnpastalächeln erstaunlich vorurteilsfrei und tiefsinnig sein kann.

Und wenngleich hier der Platz fehlt, all die weiteren wunderbaren Schauspielleistungen ebenso zu würdigen, sollen sie doch zumindest namentlich erwähnt werden: Oscarpreisträgerin Michelle Yeoh als zielstrebige Zauberprofessorin Madame Akaber, Jeff Goldblum als der sagenumwobene Zauberer von Oz höchstpersönlich, Bowen Yang und Bronwyn James als Glindas lästerhafte Sidekicks Pfanny und Schön-Schön, Ethan Slater als freundlich-schüchterner Manschkinjunge Mok und Marissa Bode in ihrem Schauspieldebüt als Nessa Rose, Elphabas Schwester, die ebenso nach Mündigkeit wie gesellschaftlicher Einbindung strebt.

Wahnsinnsgesang und eine große Botschaft

Bei einem Musical kommt man natürlich nicht drum herum, auch eine Einschätzung zu den gesanglichen Leistungen abzugeben, insbesondere was die beiden Hauptdarstellerinnen betrifft, die den größten Anteil davon tragen. Im englischen Original ist mit Ariana Grande ein absoluter Vollprofi am Werke, von dem man nichts Geringeres als Perfektion erwarten kann. Doch Cynthia Erivo steht ihr als erfahrene Musicalperformerin in keinster Weise nach. Dazu harmonieren die Stimmen der beidem so außerordentlich gut miteinander, als hätten sie schon immer gemeinsam gesungen. Noch viel erstaunlicher ist allerdings, dass es in der deutschen Fassung geglückt ist, dieses hohe Niveau zu übertragen. Sabrina Weckerlin und Sophia Riedl, die Elphaba und Glinda ihre deutschen Gesangsstimmen leihen, gelingt es stimmlich ebenso zusammenzuwirken und Gänsehaut zu erzeugen wie im englischen Original, sicherlich nicht zuletzt wegen ihrer Expertise als professionellen Musicaldarstellerinnen. Die Melodie von „Frei und schwerelos“ – dem letzten Song im Film – dürfte dem Publikum noch Tage später durch den Kopf spuken. Da ziehe ich den Hexenhut!

All das wäre jedoch vermutlich noch nicht ausreichend, um Wicked zu einem herausragenden Fantasyfilm zu machen. Dazu verhilft ihm erst die Story an sich, die mit ebenso zeitlosen wie aktuellen Themen punktet. Es geht um Klassiker wie Freundschaft, Liebe und dem eigenen Platz im Leben. Doch ebenso um die Diskriminierung derjenigen, die in irgendeiner Form von dem abweichen, was von der Mehrheitsgesellschaft als „normal“ betrachtet wird. Das ist so bei Elphaba wegen ihrer Hautfarbe, bei ihrer Schwester Nessa Rose, weil sie im Rollstuhl sitzt, und bei den (sprechenden) Tieren, weil man sie so leicht von den Menschen unterscheiden und zu perfekten Sündenböcken für die gesellschaftlichen Probleme machen kann. Es wird auch gezeigt, wie einfach und bequem es ist, blind den Mächtigen, Erfolgreichen und Populären zu folgen. Das kommt einem aus dem politischen Geschehen der vergangenen Jahre doch erstaunlich bekannt vor, oder?

Damit ist Wicked auch ein Aufruf zu Mut und Wahrhaftigkeit, dazu, sich wie Elphaba für die Diskriminierten, für die Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft einzusetzen, selbst wenn dies unangenehme Konsequenzen für die eigene Person haben kann. Es ist ein Aufruf, sich frei zu machen von Vorurteilen und falschen Erwartungen, um die ureigene Stärke und Magie zu finden. Und diese ganze gesellschaftliche Botschaft wird in Wicked derart charmant und amüsant verpackt, so köstlich bunt und tanzend, dass es weder schwer noch belehrend daherkommt. Und wenngleich hier sicherlich auch viel singender, klingender Eskapismus drin steckt, dürfte die Message doch mitten im Herz landen. Als einzigen Kritikpunkt muss man wohl nennen, dass wir nun noch ein ganzes Jahr bis zum zweiten Teil dieser epischen Fantasygeschichte warten müssen …

Credits

OT: „Wicked“
Land: USA, Kanada, Island, UK
Jahr: 2024
Regie: Jon M. Chu
Drehbuch: Winnie Holzman, Dana Fox
Vorlage: Stephen Schwarz, Winnie Holzman, Gregory Maguire, Lyman Frank Baum
Musik: John Powell, Stephen Schwarz
Kamera: Alice Brooks
Kostümdesign: Paul Tazewell
Produktionsdesign: Nathan Crowley
Besetzung:
Ariana Grande, Cynthia Erivo, Jonathan Bailey, Ethan Slater, Bowen Yang, Marissa Bode, Michelle Yeoh, Jeff Goldblum, Bronwyn James

Bilder

Trailer

Interview

Ihr wollt mehr über den Film erfahren? Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Kostümdesigner Paul Tazewell zu unterhalten. Im Interview zu Wicked sprechen wir über seine Arbeit mit der beliebten Vorlage und wie er sich inspirieren ließ.

Paul Tazewell [Interview]

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Wicked – Teil 1
Fazit
Mit "Wicked" ist ein sensationelles neues Fantasy-Epos entstanden, das einfach alles bietet: Visuell beeindruckende Sets und vielgestaltige detailreiche Kostüme, einen herausragenden Cast, gesangliche Höchstleistungen zu eingängigen Melodien, tänzerische Unterhaltsamkeit genauso wie tiefgründige Gesellschaftsfragen. Ein filmisches Feuerwerk in Grün-Pink. Jetzt schon Kult!
Leserwertung22 Bewertungen
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