Außer Kontrolle (2025)

Es hätte ein ganz normaler Einsatz werden sollen für die Einsatztruppe Mazinga (Marco Giallini), Marta (Valentina Bellè) und Salvatore (Pierluigi Gigante), als sie bei einer Demonstration für Ordnung sorgen. Doch die Situation gerät außer Kontrolle, es kommt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Am Ende ist der Vorgesetzte der Truppe schwer verletzt. Noch schlimmer hat es aber einen Jungen erwischt, der von ihnen zusammengeprügelt wurde und nun im Koma liegt. Während der neue Vorgesetzte Michele (Adriano Giannini) versucht, Herr über die Lage zu werden, spitzt sich die Situation im Land zu. Schockiert von dem Vorfall wächst in der Gesellschaft die Wut auf die Polizei und das Team wird wiederholt auf die Probe gestellt, während eine interne Ermittlung eingeleitet wird …

Die Polizei, dein Feind und Helfer

An düsteren Serien mangelte es diesen Monat auf Netflix nun wirklich nicht. Seit Jahresbeginn hat der Streamingdienst eine ganze Reihe von diesen ins Programm aufgenommen. Da war der Mystery-Thriller Ich vermisse dich um eine Polizistin, die das Geheimnis um ihren ermordeten Vater und verschwundenen Partner lösen muss. Die True-Crime-Serie Genombrottet handelt von einem Doppelmord, der auf ungewöhnliche Weise aufgeklärt wurde. Bei der Romanadaption Hundehügel wird ein Autor mit der Vergangenheit konfrontiert – und neuen Leichen. Subterran folgt einer Frau, deren Mann bei der Polizei arbeitete und von einer Gangsterfamilie ermordet wurde. Zuletzt kam der brutale Western American Primeval, ein Abgesang auf das gute alte Amerika. Mit Außer Kontrolle kehren wir nun in die Gegenwart zurück, wo es aber nicht sehr viel freundlicher zugeht.

Die Serie hat dabei noch etwas anderes mit der zuvor genannten gemeinsam: Die Einordnung in gut und böse ist nicht ganz einfach. Anfangs meint man noch, dass die italienische Produktion in erster Linie darauf aus ist, Polizeigewalt anzuprangern – und das System Polizei gleich mit. Nicht nur, dass der Originaltitel ACAB lautet, kurz für All Cops Are Bastards. Die Art und Weise, wie da während der Demonstration brutal verprügelt wird, lässt auch kaum einen anderen Schluss zu. Figuren wie Manzinga sind wenig als Sympathieträger oder Identifikationsfigur geeignet. Außer Kontrolle macht es sich dann aber doch nicht so einfach und sucht die Grautöne inmitten des Schwarz-Weiß-Kampfes. Die Wahrheit ist nicht immer so einfach, wie man das gern hätte.

Spannend, aber schwer zu verdauen

Die Serie verfährt zu diesem Zweck mehrgleisig. Auf der einen Seite ist da der Vorfall mit dem Jungen, der ins Koma geprügelt wurde, und wie sich die Stimmung anschließend immer weiter aufheizt. Die Adaption eines Romans von Carlo Bonini, der 2012 schon einmal verfilmt wurde, erinnert dabei an thematisch ähnliche Filme wie Die Wütenden – Les Misérables. Die Serie zeigt eine Gesellschaft am Rand des Zusammenbruchs, geprägt von Gewalt und Zorn. Stärker als diese geht Außer Kontrolle aber auf die Menschen ein, die bei dieser Bereitschaftspolizei tätig sind und versucht, die Individuen hinter den Uniformen vorzustellen. Auch das hilft dabei, sich von dem Schubladendenken zu lösen und mehr Komplexität zuzulassen.

In der Flut an düsteren Serien ist diese hier damit eine der spannenderen. Zwar gibt es hier ein bisschen viel zu verdauen, während wir den unterschiedlichsten Leuten folgen und das Tempo dabei gering ist. Dafür hatte man es am Ende ein bisschen sehr eilig, das ist schon ziemlich abrupt. Dennoch ist Außer Kontrolle ein sehenswerter Neuzugang in dem noch immer rasant wachsenden Sortiment. Während bei den meisten obigen Titel über das Ende hinaus nicht sehr viel in Erinnerung bleibt, gibt dieser hier schon noch Stoff mit auf den Weg, über den man länger nachgrübelt. Gute Laune sollte man dabei nicht erwarten. Vielmehr ist das eines dieser Werke, bei denen man sich im Anschluss in den eigenen vier Wänden verbarrikadieren möchte, um dem zu entkommen, was da draußen so vor sich geht.