Als der junge Seemann Edmond Dantès (Pierre Niney) von einem seiner Aufträge zurückkehrt, scheint er endlich das Glück gefunden zu haben. So wird er aufgrund seines Mutes zum Kapitän ernannt. Das wiederum wird ihm das nötige Ansehen verleihen, um endlich seine bislang geheim gehaltene Liebe Mercedes Herrera (Anaïs Demoustier) heiraten zu können. Dabei ahnt er nicht, dass er sich auf diese Weise mächtige Feinde gemacht hat. Da ist nicht nur der in Ungnade gefallene bisherige Kapitän Danglars (Patrick Mille), der auf Rache sinnt. Auch Edmonds bislang engem Freund Fernand de Morcerf (Bastien Bouillon), der selbst Gefühle für Mercedes hat, ist er nun ein Dorn im Auge. Gemeinsam mit dem Staatsanwalt Gérard de Villefort (Laurent Lafitte) sorgen sie dafür, dass der junge Mann ins Inselgefängnis Château d’If gesperrt wird. Doch es wird nicht das letzte Mal sein, dass sie ihn wiedersehen …
Neuverfilmung des Klassikers
Auch wenn Alexandre Dumas im Laufe seiner Karriere sehr produktiv war, mehrere Dutzend Romane und Theaterstücke geschrieben hat, ist er den meisten doch primär durch zwei Geschichten bekannt. Die eine betrifft den jungen D’Artagnan, der gemeinsam mit den drei Musketieren einer großen Verschwörung auf die Spur kommt. Die andere erzählt von dem jungen Seemann, der zu Unrecht verurteilt wird und später einen großen Racheplan schmiedet. Dass die beiden Schlüsselwerke so unsterblich sind, liegt natürlich auch an den zahlreichen Adaptionen, sie wurden jeweils oft als Film oder Serie umgesetzt. So oft, dass man sich bei jeder neuen nach dem Sinn fragen kann. Davon ließ man sich in Frankreich aber nicht abhalten und setzte sich an neue, sehr aufwendig produzierte Verfilmungen. Das heimische Publikum war dankbar: Die drei Musketiere: D’Artagnan und Die drei Musketiere: Milady lockte jeweils mehrere Millionen Menschen in die Lichtspielhäuser. Der Graf von Monte Christo setzte noch eins obendrauf, mit mehr als 9 Millionen Besuchern und Besucherinnen war das Abenteuer eine der erfolgreichsten französischen Produktionen in den letzten zehn Jahren.
Dabei verzichten Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière, die gemeinsam Regie führten und das Drehbuch schrieben, auf jedwede Modernisierungen. Natürlich musste die ausufernde Geschichte des Romans etwas zusammengestutzt werden. Obwohl Der Graf von Monte Christo mit einer Laufzeit von nahezu drei Stunden ein echtes Schwergewicht ist, reicht das nicht aus, um die Vorlage vollkommen abbilden zu können. Vor allem zu Beginn tritt das Duo mächtig aufs Gaspedal und nimmt dabei so manche Abkürzung. Aber selbst in dieser gekürzten Fassung ist eine ganze Menge los, vor allem, wenn sich der Titelheld an seinen Racheplan setzt. Dieser ist vielleicht etwas umständlich und unnötig kompliziert. Doch es beeindruckt, mit welcher Sorgfalt er jahrelang daran arbeitet und mehrere andere in seine Pläne involviert. Von seinen diversen Verkleidungen ganz zu schweigen, die eher an einen Agententhriller erinnern.
Überwältigendes Abenteuer
Richtige Action ist im Vergleich eher rar gesät, da war bei den Musketieren mehr los. Man vertraut bei dem Epos, das bei den Filmfestspielen von Cannes 2024 Weltpremiere feierte, eher auf Intrigen als auf direkte Gewalt. Wenn aber mal zu den Waffen gegriffen wird, gibt es einiges zu sehen. Die Kampfszenen sind sehenswert und vor allem beim Finale auch emotional aufgeladen, wenn sich ein über Jahrzehnte aufgebauter Konflikt letztendlich entlädt. Überhaupt ist Der Graf von Monte Christo ein Werk, das stark von Emotionen geleitet ist. Schon die Verschwörung zu Beginn ist wenig rational. Und auch später folgen die Charaktere keinen nüchternen Abwägungen, es sind die Gefühle, die das Handeln bestimmen. Das ist dann zuweilen etwas übertrieben, die französische Produktion sucht das große Melodram, überwältigend und maßlos.
Für so etwas muss man natürlich in der richtigen Stimmung sein. Wer das von sich behaupten kann, findet hier ein episches Abenteuer, welches die eigene altmodische Machart geradezu zelebriert. Da gibt es große, abwechslungsreiche Settings, historische Kulissen und Kostüme ohne Ende. Ein frankophiles Publikum darf sich zudem auf zahlreiche bekannte Gesichter freuen. Im Mittelpunkt steht dabei natürlich Pierre Niney (Black Box – Gefährliche Wahrheit) in der Hauptrolle des reichen Rächers und überzeugt hierbei mit einer Mischung aus Sanftheit und Härte. Er verkörpert zudem gekonnt die Ambivalenz der Figur, der man einerseits schon die Daumen drückt, die durch die Erfahrungen aber auch immer tiefer in einen Abgrund rutscht. Die Grenze zwischen gut und böse ist da nicht mehr so leicht zu ziehen. Der Graf von Monte Christo mag der Vorlage prinzipiell nicht viel Neues abgewonnen haben, ist aber so fesselnd und unterhaltsam fortgesetzt, dass man doch froh sein darf, dass man sich erneut an den Klassiker gewagt hat.
OT: „Le Comte de Monte-Cristo“
IT: „The Count of Monte Cristo“
Land: Frankreich
Jahr: 2024
Regie: Matthieu Delaporte, Alexandre de La Patellière
Drehbuch: Matthieu Delaporte, Alexandre de La Patellière
Vorlage: Alexandre Dumas
Musik: Jérôme Rebotier
Kamera: Nicolas Bolduc
Besetzung: Pierre Niney, Bastien Bouillon, Anaïs Demoustier, Anamaria Vartolomeï, Laurent Lafitte, Pierfrancesco Favino, Patrick Mille
Cannes 2024
Französische Filmwoche 2024
International Film Festival Rotterdam 2025
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