Es geht um Luis
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Es geht um Luis

Es geht um Luis
„Es geht um Luis“ // Deutschland-Start: 23. Januar 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Constanze (Natalia Rudziewicz) und Jens (Max Riemelt) sind eigentlich dauernd beschäftigt. Während sie für ihre Arbeit immer wieder am Wochenende ins Büro muss, in der Hoffnung, irgendwann Anerkennung zu erfahren, ist er als Taxifahrer dauernd auf Achse. Er kann es sich nicht leisten, Arbeit abzulehnen. Ihr Sohn Luis kommt dabei etwas kurz, immer wieder muss Constanzes Mutter einspringen und sich um ihn kümmern. Dabei kann der Junge gerade jede Unterstützung gebrauchen. So wird er auf seiner Schule übel gemobbt. Stein des Anstoßes ist sein Rucksack. Denn der ist pink und hat ein Einhorn, was bei den anderen in seiner Klasse gar nicht gut ankommt. Das Paar steckt damit in einer Zwickmühle. Sollen sie ihn dazu drängen, einfach einen anderen, gewöhnlichen Rucksack zu nehmen? Oder soll er Stärke beweisen und dadurch riskieren, ein Außenseiter zu bleiben?

Streitfreudiges Krisendrama

So richtig eilig hat es Lucia Chiarla offensichtlich nicht, wenn es darum geht, einen Film zu drehen. So kam 2011 ihr Kurzfilm Reise nach Jerusalem heraus, den sie sieben Jahre später zu einem gleichnamigen Langfilmdebüt ausbaute. Darin erzählte sie von einer Frau Ende dreißig, die in die Arbeitslosigkeit rutscht und nicht wieder herausfindet. Anschließend verschwand die italienische Regisseurin mehr oder weniger wieder von der Bildfläche. Nach dem gelungenen Debüt hieß es lange warten, bis mal wieder etwas Neues von ihr zu sehen war. So schrieb sie zwar das Drehbuch für das Drama Primavera Duemilaventi (2021). Aber erst 2024 gab es einen zweiten von ihr inszenierten Langfilm in Form von Es geht um Luis, der auf dem Zurich Film Festival Premiere feierte und nun auch in Deutschland gezeigt wird.

Erneut nimmt sie sich eines gesellschaftlichen Themas an und erzählt von einer persönlichen Krise, bei der es um die Suche nach einem Ausgang geht. Während es bei ihrem ersten Film aber um eine Einzelperson ging, die etwas verloren ist, streiten hier zwei Menschen um die richtige Antwort. Und eigentlich sind es sogar noch viel mehr, da noch viele weitere Leute mitdiskutieren. Das unterscheidet sich dann immer wieder in Nuancen. Aber prinzipiell läuft es in Es geht um Luis auf zwei konträre Grundpositionen hinaus. Bei der einen wird gesagt, dass der Junge sich anpassen sollte und sein Leben viel einfacher wäre, wenn er wie alle anderen ist. Die andere versucht darin zu bestärken, man selbst zu sein. Für beide Positionen gibt es Argumente. Die werden auch ausführlich durchgenommen, in zahlreichen Streitgesprächen.

Zu künstlich

Da merkt man, dass es sich um die Adaption eines Theaterstücks handelt, genauer von Paco Bezerra. Eine nennenswerte Handlung gibt es nicht, dafür viele Dialoge. Und auch wenn das Setting theoretisch dynamisch ist – die meisten Szenen spielen in oder bei dem Taxi von Jens –, läuft es doch darauf hinaus, dass Leute beisammensitzen und sich unterhalten. Das ist grundsätzlich nicht verkehrt, kann durchaus spannend sein. Leider stolpert Es geht um Luis aber viel zu oft über die besagten Dialoge. Dass Chiarla vieles auf der Seele brennt, merkt man zwar schon. Aber da wird dann immer wieder ein Thema in den Film gestopft, ohne darauf zu achten, ob das in der Situation funktioniert. Wenn sich die beiden an einer Stelle über das Gendern streiten, kommt das ebenso aus dem Nichts wie der Exkurs zu LGBTQIA+. Der Nebenstrang um Probleme bei den Taxifahrern ist ebenfalls willkürlich. Das Drama wirkt dadurch regelmäßig sehr künstlich, so als ob da jemand eine Checkliste abarbeitet.

Das ist schade, weil vieles hier wichtig ist. Allein schon Mobbing rechtfertigt einen eigenen Film. Interessant ist dabei, wie die Geschichte aus Sicht der Eltern erzählt wird, die mit dem Thema überfordert sind. Luis selbst, also derjenige, um den es geht, taucht den ganzen Film über gar nicht auf. Wir hören ihn nur gelegentlich am Telefon. Grundsätzlich ist auch der Einsatz für Menschen, die anders sind, zu begrüßen, gerade in einer Zeit wachsender Intoleranz. Eine gute Absicht macht aber noch keinen Film. Trotz eines unbestreitbaren Engagements, auch von Seiten des Ensembles, ist das hier mehr eine Kopfgeburt als ein wirklich aus dem Leben entnommenes Drama. Darüber nachdenken und diskutieren kann man, zum Mitfühlen ist Es geht um Luis eher weniger geeignet.

Credits

OT: „Es geht um Luis“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Lucia Chiarla
Drehbuch: Lucia Chiarla
Vorlage: Paco Bezerra
Musik: Mario Weise
Kamera: Christoph Iwanow
Besetzung: Max Riemelt, Natalia Rudziewicz, Aziz Çapkurt, Ali Bulgan, Katja Preuß, Franziska Troegner

Bilder

Trailer

Filmfeste

Zurich Film Festival 2024
Max Ophüls Preis 2025

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Es geht um Luis
fazit
„Es geht um Luis“ handelt von einem Ehepaar, dessen Sohn an der Schule gemobbt wird und das sich um die richtige Antwort streitet. Die Adaption eines Theaterstücks behandelt viele wichtige Themen, ist dabei aber zu konstruiert. Die Absicht ist gut, das Ergebnis weniger, trotz eines engagierten Ensembles bleibt das zu künstlich.
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