Da die Perspektive daheim in Deutschland nicht die beste ist, beschließen die Geschwister Levi (Vincent Redetzki) und Fanny Strauss (Amy Benkenstein), das oberfränkische Buttenheim hinter sich zu lassen und in Amerika ein neues Leben zu beginnen. Ihre beiden Halbbrüder sind schon dort und führen in New York ein Textiliengeschäft. Auf dem Weg dorthin lernen die beiden den jungen lettischen Schneider Jacob Davis (Anton von Lucke) kennen, der ebenfalls in der neuen Welt sein Glück versuchen will. Während Fanny bei den Brüdern bleibt, hält es Levi nicht lang in New York aus. Stattdessen will er nach San Francisco, wo die Freiheit auf ihn wartet. Aber auch die Gesetzlosigkeit, der Patron J. C. Eddy (Roland Koch) fordert von allen Unternehmern zehn Prozent Schutzgeld, wenn ihre Geschäfte laufen sollen …
Modegeschichte mit Westernflair
Es gibt Sachen, die sind für uns so selbstverständlich, dass wir gar nicht groß darüber nachdenken, warum es sie eigentlich gibt. Dazu darf man sicherlich Jeans zählen. Die meisten von uns dürften sie irgendwann tragen, auf der ganzen Welt sind die Hosen beliebt. Die Zeit, in der sie noch Kultobjekte waren, die eine freie Welt symbolisierten, liegt zwar lange zurück. Aber noch immer werden jedes Jahr 250 Millionen Stück weltweit produziert, so zumindest verrät es die Serie Levi Strauss und der Stoff der Träume. Diese wirft einen Blick auf die Anfänge des unverwüstlichen Modestücks, nimmt uns dabei auf mehrere Reisen mit. So beginnt die Geschichte im Deutschland der 1840er, wo sich die jüdische Familie damit abmüht, irgendwie über die Runden zu kommen, und dabei gleichzeitig gegen den Antisemitismus ankämpft.
Auch sonst ist die ARD-Produktion darauf aus, neben einem Personenporträt ein Zeitporträt zu entwerfen. Sie konzentriert sich dabei primär auf die Ereignisse in Kalifornien, wo ein rauer Wind herrscht und das mit den Gesetzen eher eine grobe Richtlinie darstellt. Teilweise hat Levi Strauss und der Stoff der Träume dabei etwas von einem Western. Das gilt nicht nur für den Abstecher zu den Goldgräbern, die dem Bild der klassischen Cowboys entsprechen. Auch in der Großstadt San Francisco, wo die meisten Anzüge tragen, gibt es ein wenig Genreflair. Gerade der Gegenspieler Eddy, der skrupellos alle anderen erpresst und bei der Durchsetzung seiner wirtschaftlichen Interessen notfalls auf Gewalt setzt, könnte man sich gut in einem Western vorstellen. Er entspricht da schon sehr dem Klischee.
Wenig spannender Inhalt
Bei anderen Figuren machte man ebenfalls nicht mehr als das Nötige. Der Protagonist weist an manchen Stellen Ambivalenzen auf, wenn er beispielsweise zwischenmenschliche Defizite hat – etwa beim Umgang mit dem Halbbruder. Eddys Sohn Henry (Alessandro Schuster) ist auch ein wenig komplexer, wenn er sich mit den Machenschaften seines Vaters schwertut. Ansonsten sind die Charaktere ziemlich langweilig geworden. Allgemein darf man an Levi Strauss und der Stoff der Träume keine größeren Ansprüche haben im Hinblick auf den Inhalt. Vieles bleibt dann doch zu schematisch, die vier Episoden bieten nicht den notwendigen Raum, um etwas zu vertiefen. Richtig ärgerlich ist das Ende, bei dem man in nur wenigen Minuten alle Probleme auflöst – und das auf billige Weise.
Dafür gibt es bei der Dramaserie, die unter dem Titel Call Me Levi auf dem Filmfest München 2024 Premiere feierte, einiges zu sehen. Das Publikum darf sich auf adrette historische Kulissen und eine entsprechende Kleidung freuen. Schade ist in dem Zusammenhang jedoch mal wieder der Faktor Sprache. So ist es zwar nachzuvollziehen, dass das Publikum daheim auf dem Sofa alles bequem in Deutsch haben mag. Wenn es aber keinen Unterschied macht, ob Deutsche, Letten oder Amerikaner etwas sagen, in San Francisco dieselbe Sprache verwendet wird wie in New York, unter Goldgräbern oder im provinziellen Deutschland, dann trägt das nicht unbedingt zur Atmosphäre bei. Insgesamt kommt Levi Strauss und der Stoff der Träume dann auch nicht über Mittelmaß hinaus: Die Hose mag Geschichte geschrieben haben, ihre eigene Geschichte ist dennoch nicht sehr interessant.
OT: „Levi Strauss und der Stoff der Träume“
AT: „Call Me Levi“
Land: Deutschland, Belgien, Italien
Jahr: 2024
Regie: Neele Leana Vollmar
Drehbuch: Neele Leana Vollmar, Robert Krause
Musik: Bjorn Eriksson
Kamera: Armin Dierolf
Besetzung: Vincent Redetzki, Anton Von Lucke, Amy Benkenstein, Lea Van Acken, Bardo Böhlefeld, Hannes Wegener, Lukas Rüppel, Golo Euler, Roland Koch, Alessandro Schuster
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