Wer es im Musikgeschäft zu etwas gebracht hat, wird oft früher oder später zum Thema eines eigenen Dokumentarfilms. Auf diese Weise sind in den letzten Jahren die unterschiedlichsten Künstler und Künstlerinnen noch einmal geehrt worden. Da war Avicii – Ich heiße Tim über den schwedischen DJ, der sich mit Ende 20 das Leben genommen hat. Bei Blur: To The End blickte die britische Popband auf ihre Karriere zurück anlässlich eines bevorstehenden Konzerts. Let the Canary Sing wiederum ließ Cyndi Lauper zu Wort kommen und die letzten 40 Jahre Revue passieren lassen. Bei Piece by Piece kommt nun ein Kollege an die Reihe, dessen Karriere noch nicht ganz so lange währt. Erreicht hat Pharrell Williams aber eine Menge, sowohl als Solo-Künstler wie auch mit Chad Hugo, die andere Hälfte des Produzenten-Duos The Neptunes.
Ein etwas anderes Künstlerporträt
Dass man hier einen etwas anderen Weg geht, als es in diesem Segment üblich ist, wird schon durch die ersten Szenen klar. So wurde die Lebensgeschichte als Animationsfilm umgesetzt, bei dem die porträtierte Person wie auch alle anderen durch Lego-Figuren ersetzt wurden. Dass Dokumentarfilme auf Animation setzen, kommt zwar immer mal wieder vor, etwa bei Pelikan Blue. Auf diese Weise sollen Szenen bebildert werden, für die es keine Aufnahmen gibt – was für die meisten Momente in unserem Leben gilt. Insofern gibt es schon andere Beispiele, wie das aussehen kann. Piece by Piece nutzt die Darstellungsform unter anderem, um kreative Prozess zu veranschaulichen. Immer wieder geht es darum, wie Williams nach einem passenden Beat sucht, der naturgemäß akustischer, nicht visueller Natur ist. Hier werden unter anderem Spezialeffekte und Farben angewandt, um das sichtbar zu machen, was unsichtbar ist.
Dass ausgerechnet Lego-Figuren verwendet werden, ist dabei in zweifacher Hinsicht sinnvoll. Zum einen geht damit fast zwangsläufig Humor einher, so ist man es aus anderen Filmen wie The Lego Movie gewohnt. Piece by Piece enttäuscht dabei auch nicht. Da sind reihenweise witziger Szenen dabei, gerne auch mit Ironie verbunden. Das hebt den Film wohltuend von anderen biografischen Dokumentationen ab, die oft nur aus irgendwelchen Lobpreisungen bestehen. Der andere Punkt betrifft eine Gemeinsamkeit aus den Bauklötzchen und Musizieren: In beiden Fällen werden bekannte Teile genommen und zusammengebaut. Auch wenn die Neptunes durch ihre ungewöhnlichen Beats bekannt wurden, betont der Film, dass es darum geht, aus einem festen Pool mit einer endlichen Zahl an Stücken noch etwas Neues zu machen.
Unterhaltsames Porträt
Das heißt aber nicht, dass Piece by Piece durchgängig originell ist. Zum Teil findet man die besagten Lobpreisungen auch hier. Es gibt die notorischen Talking Heads, selbst wenn diese hier aus dem Computer stammen. Und natürlich müssen die großen Erfolge brav abgearbeitet werden, darunter Pharrells bis heute wohl bekanntestes Lied Happy. Regisseur Morgan Neville, der zuvor unter anderem die Musikdokus 20 Feet from Stardom und Watch the Sound with Mark Ronson inszeniert hat, weiß schon, wie solche Titel funktionieren und was von ihnen erwartet wird. Außerdem ist da noch das Problem, dass Williams an dem Film maßgeblich beteiligt war, was zwangsläufig dazu führt, dass eine kritische Distanz fehlt. Das hier ist nicht nur eine Dokumentation über den Künstler, sondern auch eine, die er maßgeblich mitbestimmt hat.
Sehenswert ist das Ergebnis aber auf jeden Fall. Der Film, der auf dem Telluride Film Festival 2024 Premiere feierte, ist nicht nur ein audiovisuell spannendes Werk. Man lernt auch einiges über die Musikindustrie, wenn sich die jungen Männer nach oben kämpfen müssen und dabei einige Hindernisse zu überwinden sind. Das macht Piece by Piece auch für ein Publikum interessant, das vielleicht kein Fan des Musikers ist, aber mehr über die damalige Zeit oder die Szene erfahren möchte. Unterhaltsam ist das Ergebnis sowieso, weshalb es schade ist, dass der Film beim Kinostart in den USA so untergegangen ist. Da hätte er doch mehr verdient.
OT: „Piece by Piece“
Land: USA
Jahr: 2024
Regie: Morgan Neville
Drehbuch: Morgan Neville
Musik: Michael Andrews, Pharrell Williams
Telluride Film Festival 2024
Toronto International Film Festival 2024
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