Vika! Szenenbild
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Vika! Filmplakat
„Vika!“ // Deutschland-Start: 16. Januar 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

DJ Vika ist ein schillernder Star in der Warschauer Clubscene. Mit stylisch-bunten Outfits, Musik von den 60s bis Techno und einer großen Portion Lebenslust und Charme spielt sie sich in die Herzen der tanzenden Menge. Das Besondere? Vika ist schon über 80 Jahre alt. Und während man von den meisten Menschen dieses Alters wohl eher erwartet, dass sie sich einen geruhsamen Lebensabend machen, dreht sie nochmal richtig auf. Der Film begleitet sie auf ihrem unkonventionellen Weg.

Die Schönheit des Alters

Der Film beginnt und wir schieben uns mit der weißhaarigen Vika durch die Menschenmenge eines gut besuchten Clubs. Bässe hämmern im Hintergrund. Viele junge Leute umarmen sie und drücken ihre Bewunderung aus, wünschen sich auch so eine coole Oma. Als sie am DJ-Pult steht, skandiert die Menge ihren Namen, bevor ihre ersten Beats ertönen und alle sich im Tanz verlieren. Schnell wird klar: Diese alte Dame ist ein Star. Damit ist Vika ein dankbares Subjekt für einen Dokumentarfilm. Sie bricht mit Erwartungen an Menschen ihres Alters, und das Ungewöhnliche, Aufsehenerregende zieht immer auch Aufmerksamkeit auf sich.

Mit ikonischen Sprüchen wie „Wer tanzt, wird nicht alt“, ihren stylisch-bunten Outfits und ihrer gleichermaßen unverblümten, aber unaufdringlichen Art gibt Vika eine hervorragende Gallionsfigur für eine neue Art des Alterns ab. Regisseurin Agnieszka Zwiefka greift damit ein relevantes Thema auf: In einer älter werdenden Gesellschaft stellt sich immer stärker die Frage, wie ein erfülltes Leben nach der Erwerbstätigkeit aussehen kann. Was erwartet man von alten Menschen? „Ein alter Mensch ist eine Belastung.“ sagt Vika an einer Stelle des Films und äußert damit eine gesellschaftliche Einstellung, der sie selbst trotzt. Und eine Stärke des Films liegt genau darin, festgefahrene Vorstellungen davon aufzubrechen, was es bedeutet, alt zu sein. Er zeigt, dass das Leben auch mit über 80 noch voller Pläne, Freude und Energie sein kann.

Doch Zwiefka geht mit ihrem noch Film weiter. Sie verharrt nicht im Stil einer klassischen Doku, sondern spiegelt Vikas frische, unkonventionelle Persönlichkeit auch in der Machart des Films wider. Die mitgefilmten Alltagsszenen werden durch inszenierte Sequenzen ergänzt: Vika, umringt von jungen Tänzer:innen, in einem leuchtend blauen Oberteil, das an eine Blume erinnert. Oder eine Gruppe Senior:innen, die in einer Mischung aus Tanzchoreografie und Krankengymnastik auftreten. Diese Szenen feiern die nach wie vor nur selten gezeigte Schönheit des Alters.

Authentizität durch Schattenseiten

Es wäre so einfach, die Geschichte dabei zu belassen. Nur die glänzende, bewundernswerte und zweifellos coole Seite von Vika und dem Älterwerden zu präsentieren. So leicht macht der Film es sich und dem Publikum aber nicht. Auch Vika kämpft mit traurigen Erinnerungen, Einsamkeit und den Gebrechen ihres Körpers. Die Beziehung zu ihrer Familie ist unterkühlt und seit dem Tod ihres Mannes fehlt es ihr an Zärtlichkeit. In einer Szene müht sie sich sichtlich ab, einen schmerzenden Arm in ein Oberteil zu bekommen. Das Altern birgt eben Herausforderungen, denen man auch nicht mit Entschlossenheit und guter Musik beikommen kann.

Und natürlich hat Vika nicht nur Glanzmomente, sondern auch problematische Seiten. Sie gibt zu, sich nicht genug um ihre Söhne und Enkel gekümmert zu haben und bekommt dies auch vorgehalten. In anderen Szenen sieht man, wie aufbrausend sie ist oder beim Versuch einen kleinen Weihnachtsbaum aufzustellen, plötzlich entnervt aufgibt. Doch gerade durch das ehrliche Zeigen ihrer Schwächen kommt sie den Zuschauer:innen näher. Man kann sich nur allzu gut vorstellen, wie man sie als Nachbarin auf ihrem Heimweg in die Plattenbauwohnung trifft.

Hier und da bleibt der Film etwas vage. Man fragt sich zum Beispiel, wie Vika überhaupt Kontakte in die DJ-Szene knüpfte oder was sie zur Politik und deren Einfluss auf das Leben im Alter denkt. Manchmal hat man auch Schwierigkeiten die zeitliche Abfolge zu verstehen. Doch das gute Gleichgewicht zwischen Ernsthaftigkeit, Realität und Bejubelung wäre durch zu viele Details womöglich verloren gegangen. Und mit dieser gelingt es dem Film Mut zu machen, eigene Wege zu finden und zu gehen, egal in welchem Alter. Denn ein bisschen Vika kann nicht schaden.

Credits

OT: „Vika!“
Land: 2023
Jahr: Polen, Deutschland, Finnland
Regie: Agnieszka Zwiefka
Drehbuch: Agnieszka Zwiefka
Musik: Paivi Takala
Kamera: Monika Kotecka

Bilder

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DOK Leipzig 2023
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Vika!
Fazit
Die klug inszenierte Doku über die polnische DJ Vika zeigt eine ebenso nahbare wie ungewöhnliche 85-Jährige, die keineswegs perfekt ist, aber trotzdem in vielem Inspiration und Vorbild sein kann, besonders für ein Leben und Altern nach eigenen Bedingungen. Sehenswert!
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