
Berlin, 1991. Als Präsident der Treuhandanstalt hat Hans-Georg Dahlmann (Ulrich Tukur) viel Macht – aber auch viele Feinde. Zu denen gehört die RAF, die in der dritten Generation noch immer tätig ist und Dahlmann bereits zur Zielscheibe erkoren hat. Zu diesem Zweck wurde Sandra Wellmann (Petra Schmidt-Schaller) eingeschleust, als persönliche Referentin soll sie wertvolle Informationen sammeln, die bei einem Attentat helfen könnten. So zumindest ist der Plan von Klaus Gelfert (Christoph Bach) und Bettina Pohlheim (Jenny Schily). Doch die Situation spitzt sich zu, als ein tödlicher Anschlag auf den Chef der Deutschen Vereinsbank verübt wird und Andreas Kawert (Maximilian Brückner) die Ermittlungen übernimmt. Hinzu kommt, dass Wellmann selbst zunehmend Zweifel an ihrer Mission hat …
Erinnerung an reale RAF-Morde
Inzwischen ist es mehr als ein Vierteljahrhundert her, dass sich die Rote Armee Fraktion aufgelöst hat, die letzten Anschläge und Morde liegen noch weiter zurück. Und doch beschäftigt die Geschichte um die linksextreme Terrororganisation, die über Jahrzehnte im Untergrund agierte, wie die große mediale Aufmerksamkeit bewies, als 2024 Daniela Klette nach jahrzehntelanger Fahndung gefasst wurde. Aber auch die diversen Filme und Serien, seien sie fiktional oder dokumentarisch, die sich mit dem Thema beschäftigen, zeigen, dass da offensichtlich eine gewisse Faszination von der RAF ausgeht, noch immer. Ein Beispiel hierfür ist Der Mordanschlag, ein Zweiteiler von 2018, der sich mit der dritten Generation befasst, die in den 1990ern ihr Unwesen trieb.
Genauer ist die Fernsehproduktion an die RAF-Morde an dem Bankier Alfred Herrhausen, der letztes Jahr auch in Herrhausen – Herr des Geldes wieder bedacht wurde, und Detlev Rohwedder, der Mittelpunkt der Netflix-Doku Rohwedder – Einigkeit und Mord und Freiheit war, angelehnt. Letzterer war der Präsident der Treuhandanstalt und damit Vorbild für Dahlmann. Wie man schon an der Umbenennung der beiden Figuren erkennt, handelt es sich nicht um eine wirklichkeitsgetreue Aufarbeitung der Ereignisse. Da wurde schon einiges fiktionalisiert, zum Zwecke der Publikumsunterhaltung. Ob diese Vermischung eine gute Idee ist, darüber lässt sich immer streiten, so auch bei Der Mordanschlag. Der Wahrheitsfindung dient das dann weniger, ein bisschen wird das reale Leid ausgeschlachtet. Andererseits ist das bei True-Crime-Dokus auch nicht anders, die mitunter sehr voyeuristisch werden können.
Mehr Spannung als Tiefgang
Hier geht es eher um die Erzeugung von Spannung. So will man zum einen natürlich wissen, wie es mit den Figuren weitergeht, gerade wenn einem die reale Geschichte nicht bekannt ist. Zum anderen steht im Mittelpunkt jemand, der auf einmal Vorbehalte hat und nicht weiß, was richtig ist. Als Wellmann ihr Ziel näher kennenlernt und feststellen muss, dass dieses nicht in ihr simples Weltbild passt, gerät sie selbst in Schleudern. Zumindest in Ansätzen ist Der Mordanschlag also auch als Porträt einer Frau gedacht, die an einem Wendepunkt in ihrem Leben angekommen ist und eine Entscheidung treffen muss. Viel Tiefgang sollte man dabei aber nicht erwarten, das wird im Zweifel dann doch eher anderen Punkten untergeordnet. Das soll schließlich ein Thriller sein, kein Drama.
Als solcher ist der Zweiteiler, der 2018 auf dem Filmfest München Premiere hatte, durchaus ordentlich geworden. Allerdings zieht er sich schon ein wenig, man hatte seine Mühe damit, die notwendigen drei Stunden zu füllen, die eine oder andere Extraschleife wird gedreht. Ein bisschen Geduld muss man also schon mitbringen. Wen das nicht stört und auch nicht den Anspruch hat, dass das mit größeren inhaltlichen Erkenntnissen verbunden ist, kann schon auf seine Kosten kommen. Zumal Der Mordanschlag prominent besetzt wurde, das Ensemble seine Aufgabe auch kompetent zu erfüllen weiß. Ob es das hier unbedingt gebraucht hat, das ließe sich diskutieren, im Umfeld deutscher Fernsehthriller ist das aber alles brauchbar.
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