Fleisch
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Fleisch (1979)

Fleisch
„Fleisch“ // Deutschland-Start: 27. November 1981 (Kino) // 3. September 2021 (DVD / Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Kurz nach ihrer Hochzeit machen sich die Studenten Monica (Jutta Speidel) und ihr Mann Mike (Herbert Herrmann) auf in die Flitterwochen. Auf ihrer Fahrt durch den Süden der USA machen sie Halt in einem kleinen Hotel in Las Cruces, New Mexico, wo sie für ein paar Stunden bleiben wollen. Was eine kleine Pause auf ihrer Reise werden sollte, wird jedoch für beide zum Albtraum, denn sie werden von zwei Sanitätern überwältigt, die sie in ihrer Rettungswagen zerren wollen. Monica gelingt in letzter Minute die Flucht, die sie auf den Highway führt und damit in die Arme des Truckers Bill (Wolf Roth), der eine Fuhre Fleisch nach New York bringen soll. Der verstörten jungen Frau glaubt er zunächst kein Wort, als er aber auf der nächsten Raststätte auf einen der Sanitäter trifft, der auf der Suche nach seiner Mitreisenden ist, beginnt er, ihr zu glauben. Er beschließt, ihr zu helfen und nach Mike zu suchen. Bei ihren Nachforschungen kommen sie einer Organisation auf die Schliche, die global Organhandel betreibt. Langsam wird Bill und Monica bewusst, in welcher Gefahr sie sich befinden, denn die Organisation will auf keinen Fall zulassen, dass ihre Machenschaften publik gemacht werden.

Ersatzteile

Als 1979 sein neuer Film Fleisch in die Kinos kam, konnte Regisseur Rainer Erler auf eine lange und sehr erfolgreiche Karriere als Filmschaffender zurückschauen. Mit Werken wie Operation Ganymed oder Plutonium hatte er sich einen Namen geschaffen, erst recht aber mit den Filmen der Das Blaue Palais-Reihe. Mithilfe derer er das von ihm benannte Genre des „Science-Thriller“ begründete. Fleisch geht jedoch in eine ganz andere Richtung und sollte sein kommerziell erfolgreichster Film werden, zugleich aber auch sein umstrittenster, denn schon nach der Premiere reagierten viele Zuschauer schockiert auf die Thematik des Thrillers. Aus heutiger Sicht passt Fleisch in einer Zeit, in der das Genrekino, vor allem das Horror- und Thrillergenre, bestimmt war von Produktionen wie The Texas Chain Saw Massacre oder Die Hügel der blutigen Augen. Erler erzählt von einer Welt, in deren Hinterzimmern Menschen nunmehr als eine Art Ersatzteillager für die Reichen dienen.

Die Prämisse von Fleisch ist eine, wie man sie aus unzähligen Thrillern oder Horrorfilmen mittlerweile kennt. Ein junges Pärchen freut sich auf einen schönen Urlaub und es dauert nicht lange, bis die Hüllen fallen. Dem Sex folgt dann prompt die „Strafe“ der Gefahr von außerhalb, die in Erlers Film mehr als perfide ist, tarnt sie sich doch als Freund und Helfer. Spätestens ab dem Moment, wenn man zusammen mit Monica die schreckliche Wahrheit hinter dem Krankenwagen erahnt, ist man mittendrin in einer Welt, in der die eigentlichen Sicherheiten aufgehoben zu sein scheinen und der Mensch auf sich allein gestellt ist. Hinter der Normalität verbergen sich geheime Netzwerke, auf der einen Seite jenen skrupellosen Herrschaften, die mit Organen handeln, und auf der anderen Seite beispielsweise die der LKW-Fahrer, auf deren Hilfe später Bill und Monica zurückgreifen werden. In Erlers Film wirkt die USA, die Wüste wie auch später die Metropolen, vertraut, weil man diese Bilder kennt, doch irgendwie immer fremd, weil man nicht weiß, was hinter dieser Fassade sich wirklich abspielt. Manchmal scheint sich Erler an diesen Bildern nicht satt sehen zu können, doch atmosphärisch sind sie dennoch.

„How much is anyone worth?“

Schon von der ersten Minute an irritiert Erler die Zuschauer. Die fröhlich ausgelassene Stimmung bei der Hochzeit Monicas und Mike passt irgendwie nicht so ganz zu Ron Williams’ Song How much is anyone worth, der auch bei der Zeremonie an sich zu hören ist. Der Wert eines Menschen wird dann immer wieder zentrales Thema der Geschichte und erhält einen zunehmend zynischen Unterton, wenn man dann herausfindet, was ein Menschenleben wirklich wert ist und wie verführerisch es wohl ist, dass man zum Handlanger des Organhandels wird. Jutta Speidel als Monica macht dann auch eine entsprechende Entwicklung durch von einer anfänglich etwas naiven, jungen Frau hin zu einer Figur, die mehr und mehr zur Kämpferin wird und sich lange nicht mehr alles gefallen lassen will. Da verzeiht man dem Drehbuch wohl auch die ein oder andere Ungereimtheit, beispielsweise, warum Monica über sechs Tage wartet, um nach Mike auf die Suche zu gehen.



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Fleisch (1979)
fazit
Rainer Erlers „Fleisch“ ist ein spannender Thriller über den Handel mit Menschen und überhaupt den Wert einer Person. Die Liebe zur USA sieht man den manchmal etwas zu langen Aufnahmen zwar an und auch der ein oder andere Logikfehler fällt vielleicht unangenehm auf, doch das Vergnügen an Erlers Film wird dadurch nur etwas getrübt.
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