© Stefanie Leo

Mike Marzuk [Interview]

Mike Marzuk ist ein deutscher Filmregisseur, Drehbuchautor, Filmeditor und Musiker. Er arbeitet vorwiegend im Jugend- und Familienfilm Segment und führte unter anderem Regie bei den Filmen der Fünf Freunde Reihe und zuletzt bei Die Chaosschwestern und Pinguin Paul. Bei der Premiere seines neusten Films Ein Mädchen namens Willow (Kinostart: 27. Februar 2025) treffen wir Mike in München. Dabei gab er uns unter anderem einen Einblick in den Schaffensprozess, die Arbeit mit dem noch jungen Cast und der Botschaft die Ein Mädchen namens Willow vermittelt.

Wie bist du dazu gekommen, Ein Mädchen namens Willow zu verfilmen? Hast du die Romanvorlage gelesen und warst so begeistert, dass du dir dachtest, diese Geschichte muss ins Kino?

Nein, leider nicht, das hat sich tatsächlich SamFilm, also die Produktion, gedacht. Wir arbeiten schon seit vielen Jahren im Bereich Family-Film zusammen. Sie haben mir dann diese Buchverfilmung angeboten beziehungsweise vorgeschlagen und haben sich vielleicht sogar gedacht, dass das nichts für mich ist. Aber tatsächlich hat mich diese Handlung von Anfang an unheimlich berührt, ohne genau zu wissen, warum. Ohne esoterisch zu sein, hat mir auch die Art, wie Sabine Bohlmann diese Geschichte erzählt, mit dieser Nähe zur Natur, sehr gut gefallen. Diese Naturverbundenheit auch auf die Leinwand zu bringen, fand ich sehr spannend.

Sabine Bohlmann war ja sehr eng in den Schaffensprozess eingebunden. Habt ihr euch bei der Umsetzung dann akribisch an die Romanvorlage gehalten, oder inwieweit hast du dir ein paar künstlerische Freiheiten erlaubt?

Letztendlich haben wir uns ein bisschen künstlerische Freiheit genommen, das aber natürlich alles sehr sorgfältig mit Sabine abgesprochen. Es gab kleinere Sachen, wie zum Beispiel: Die beiden Makler heißen im Buch Geier & Wiesel, bei uns eben Geier & Geier. Die größte Änderung, die wir vorgenommen haben, war, dass man aus einem magischen Buch, Grimmoor, eine Person gemacht hat. In unserer ersten Version hatten wir noch mit dem fliegenden Buch geplant. Dann hätten die Schauspielerinnen natürlich mit einem Tennisball gesprochen, und in der Nachbearbeitung wären die Effekte hinzugefügt worden. Das wäre schon möglich gewesen, aber so hätten wir niemals die gleichen Emotionen erzeugen können. Deswegen haben wir schließlich beschlossen: Wir machen aus dem Buch einen Menschen, der gleichzeitig aber ein Buch ist.

Darüber hinaus mussten wir natürlich einige Sachen kürzen. In einem Roman hat man eben einfach mehr Zeit, um die Handlung zu erzählen, wir mussten das eindampfen. Dabei war die Zusammenarbeit mit Sabine wirklich toll. Obwohl das natürlich ihr Baby ist, war sie immer offen für unsere Ideen und hat zusätzlich so viel eigenen kreativen Input geliefert. Das war wirklich toll. Insgesamt war die Zusammenarbeit mit ihr wirklich ein Fest.

Nachdem du es schon angesprochen hast: Ihr habt versucht, so wenig wie möglich auf CGI und VFX zurückzugreifen. Wie schwierig war dann die Kostümgestaltung von Grimmoor, und wie lange musste Max Giermann jeden Drehtag in der Maske verbringen?

Das müsstest du ihn selbst fragen, aber ich glaube, allein für sein Gesicht, also Make-up und das Ankleben der Haare, hat er schon ungefähr vier Stunden in der Maske verbracht. Dazu hatte er dann ein nicht atmungsaktives Kostüm an, ähnlich einer dieser Windstopper-Jacken. So konnten wir den gesamten Anzug komplett bedrucken, allerdings war er eben nicht luftdurchlässig. Dann zusätzlich der Ledermantel, und das Drehen in der sonnigen, kleinen Hütte war natürlich sehr heiß für ihn. Wir mussten immer wieder nachschminken, aber Max ist das ja gewohnt und hatte trotz allem sehr große Freude daran.

Auch, was er in diese Figur Grimmoor hineingebracht hat, das konnten wir im Vorfeld gar nicht so schreiben. Max hat sich da ganz viel währenddessen ausgedacht. Natürlich haben wir es dann nochmal abgesprochen und ins Drehbuch aufgenommen, aber der Input, den man da von jemandem wie Max Giermann bekommt, war unschlagbar für unseren Film. Letztendlich bereichert das Kostüm auch sein Schauspiel, und die Kombination liefert mit Grimmoor einen sehr emotionalen Teil unseres Films.

Für mich ist Grimmoor auf jeden Fall auch eines der Highlights des Films. Als Regisseur bist du ja vor allem für Kinder- und Jugendfilme bekannt, allerdings hast du auch schon Projekte für Erwachsene gemacht. Worin liegt für dich aber der besondere Reiz, Filme für eine jüngere Zielgruppe zu machen?

Fast alle Filme, die unter diesen Kinder-, Jugend- und Family-Entertainment-Bereich fallen – egal ob Fünf Freunde, Ein Mädchen namens Willow oder Die Chaosschwestern, haben immer etwas mit Familie, Freundschaft und Zusammenhalt zu tun. Diese Werte berühren mich emotional, und es sind wichtige Werte, um sie zu vermitteln. Natürlich entscheide ich nicht nur danach, aber das gefällt mir an dieser Art von Geschichten.

Wenn man so etwas dann fürs Kino erzählen darf, ist das natürlich toll. Man hat ein größeres Budget und ein größeres Zusammenspiel mit Musik, mit Sounddesign, da so viel Liebe reinstecken zu können und auch mal mehr aus den Vollen zu schöpfen, macht natürlich umso mehr Spaß. Aber letztlich machen wir die Filme natürlich, damit sie das Publikum erreichen und den Familien hoffentlich eine schöne Zeit bescheren, sei es im Kino als Event oder sogar am nächsten Tag, wenn man vielleicht am Frühstückstisch nochmal darüber redet. Das finde ich, ist ein wärmender Gedanke.

Also bleibst du diesem Family-Entertainment treu, oder bist du trotzdem offen für ganz andere Projekte?

Ich bin generell offen für alles. Es gibt ganz viele Stoffe, die ich auch gerne mal machen würde, wenn man sie mir denn anbietet. Aber es wäre für mich nie ein Grund, einen Kinder- oder Familienfilm abzulehnen, nur wegen des Genres. Natürlich ist das immer drehbuchspezifisch, aber es gibt ja in jedem Genre auch schlechte Drehbücher. Bei Ein Mädchen namens Willow hat mich, wie gesagt, das Drehbuch gleich abgeholt, und ich hatte eine Grundidee, wie ich das umsetzen will. Wir sind mit SamFilm inzwischen ein kleines, eingespieltes Team geworden. Wir haben da ähnliche Geschmäcker und Ideen, und da macht es umso mehr Spaß, so etwas machen zu dürfen. Insgesamt arbeite ich auch einfach sehr gerne, muss ich sagen.

Versuchst du trotz einer jüngeren Zielgruppe, spezifische Szenen für Erwachsene einzubauen? Ich denke da besonders an eine Szene mit Gundula und Adam, bei der es um Handystrahlung und leicht um Verschwörungstheorien ging. Sind diese Szenen, die eine jüngere Zielgruppe eventuell nicht versteht, genau aus diesem Grund geschrieben, oder hat man einfach ein bisschen Spaß?

Nein, das ist schon irgendwie Absicht. Man ist sich ja auch bewusst, dass Eltern ins Kino gehen. Wenn man so etwas dreht, weiß man, dass es die Kinder wahrscheinlich nicht verstehen, aber man macht es dann trotzdem.

Aber letztendlich verstehen Kinder dann doch viel mehr, als man vermutet. Insgesamt ist es ja immer noch Family-Entertainment, das gehört dazu. Ich habe ja selbst drei kleine Kinder, und ich bin auch schon im Kino gesessen und habe nach drei Minuten die Augen zugemacht, weil es mich einfach nicht interessiert hat. Wir wollen unterhalten, aber natürlich ist dieser Film nicht komplett auf Erwachsene ausgelegt. Trotz allem laden wir sie herzlich ein zuzuschauen! Es gibt eigentlich nichts Schöneres, als zu beobachten, wie die eigenen, oder andere Kinder so einen Film aufnehmen.

Zum Abschluss: Diese Spielfreude hat man immer wieder beim Anschauen gemerkt. Würdest du also unterschreiben, dass sich die Stimmung am Set auf die Leinwand projiziert hat?

Ja. Wir waren insgesamt ein Team von über 60 Leuten, und natürlich ist das mal anstrengend. Aber es ist immer ganz, ganz wichtig, dass man Spaß hat. Und wie du schon gesagt hast: Ich finde, das merkt man beim Anschauen des Films auch. Es ist nicht immer alles lustig, aber wir versuchen unser Bestes, dass es lustig ist und bleibt.



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