Pablo Larraín ist ein chilenischer Drehbuchautor, Produzent und Regisseur. Viele seiner Werke haben eine enge Verbindung zu seinem Heimatland Chile, darunter sein gefeiertes Regiedebüt Fuga und sein Oscar-nominierter Film ¡No!. Im Jahr 2016 veröffentlichte er mit dem Biopic Jackie über Jackie Kennedy den ersten Film seiner „Ladies-in-Heels“ Trilogie. Es folgte mit Spencer, ein Einblick in die wenig festliche Weihnachtsfeier der britischen Königsfamilie im Jahr 1991, erzählt aus der Perspektive von Prinzessin Diana. Mit Maria schließt Pablo Larraín nun seine Trilogie ab und widmet sich in seinem neuesten Film der Operndiva Maria Callas. Wir haben mit dem Filmemacher anlässlich des Kinostarts am 6. Februar 2025 ein Interview geführt. Darin gibt er Einblick in seine Inspiration und seine Faszination für die Oper, und insbesondere für „La Divina“.
Was hat Sie dazu inspiriert, einen Film über Maria Callas zu drehen? Ist die Idee während Ihrer Recherche für Jackie entstanden, oder hatten Sie schon vorher vor, einen Film über ihr Leben zu machen?
Nun, ich wollte einen Film über Oper machen und über jemanden, der die Geschichte der Oper wirklich verändert hat. Ich bin mit meiner Mutter oft in die Oper gegangen und das hat mich sehr geprägt. Als ich mich dann intensiver mit Maria Callas und den Verbindungen zwischen ihrem Werk, ihrer Musik und ihrem Leben beschäftigte, wurde mir klar, dass es viel interessantes Material gibt, um einen Film über jemanden zu machen, den ich so sehr bewundere.
In diesem Zusammenhang haben Sie sich nicht auf die Höhepunkte ihrer Karriere konzentriert, sondern auf das Ende ihres sehr privaten Lebens. Gab es weniger bekannte Aspekte von Maria Callas Leben, die Sie besonders betonen wollten?
Ich denke, es gibt einige Dinge im Film, die sehr bekannt sind, aber auch vieles, was wir nicht wissen. Das war unser Ansatz: Wir haben uns auf die letzte Woche ihres Lebens konzentriert. Im Grunde haben wir versucht, eine Art kleines Erinnerungsstück zu schaffen, einen poetischen Zugang zu ihrem Leben durch ihre Musik.
Maria Callas hat ihr gesamtes Leben der Oper gewidmet. Glauben Sie, dass diese Leidenschaft sie letztendlich zerstört hat, oder war es eher das, was sie trotz der tragischen Umstände ihres Lebens hat weiter machen lassen?
Ich denke, beides. Der amerikanische Schriftsteller Charles Bukowski sagte einmal: „Finde, was du liebst, und lass es dich umbringen“. Das ist interessant, denn Musik war immer ihre große Liebe und etwas, das sie für andere völlig transformierte. Aber was für mich sehr bedeutsam ist: Sie hat ihre Leidenschaft dafür nie verloren. Nach all den Tragödien, die sie erlebt hat, wurde sie vielleicht selbst zum Zentrum der Tragödie, die sie auf der Bühne darstellte. Ich denke, das ist tief mit ihrer Persönlichkeit verbunden. Die Musik, die für sie so magnetisch und großartig war, war gleichzeitig das, was sie zerstörte.
Bezüglich ihrer letzten Woche, konnten Sie sich eng an Quellmaterial orientieren oder mussten Sie auf gewisse künstlerische Freiheiten zurückgreifen?
Von all den Informationen, die es über sie gibt, etwa aus den Biografien, sind ungefähr 50 % allgemein anerkannt. Dann gibt es etwa 25 %, über die diskutiert wird, und die letzten 25 % weiß eigentlich niemand genau. Der Film spielt über drei Tage, und wie bei jedem Film über eine reale Person basieren viele Elemente auf bewussten Entscheidungen. Wir haben die Entscheidungen getroffen, die für uns am stärksten resonierten, und irgendwann haben wir unseren eigenen Raum darin gefunden. Alles ist miteinander verbunden.
Hatten Sie Angelina Jolie von Anfang an für die Hauptrolle im Kopf?
Ja. Von Anfang an dachten wir an sie. Ich glaube, sie hat die Fähigkeit, das Mysterium, die Anziehungskraft und die Aura einer Person wie Maria Callas darzustellen. Außerdem hat sie die Disziplin, sich intensiv auf eine Rolle vorzubereiten, sodass sie vor der Kamera überzeugend singen konnte.
War es für Sie von Anfang an klar, dass die Schauspielerin, die Maria Callas spielt, Operngesang lernen und zumindest einen Teil ihrer echten Stimme für die Gesangsszenen verwenden muss?
Ja, natürlich. Das war sehr wichtig, denn wenn man einen Film über eine olympische Athletin drehen würde, würde man sie auch in einem Wettkampf sehen wollen. Ich denke, das ist entscheidend. Man kann keinen Film über Maria Callas machen, ohne sie singend zu zeigen. Und wenn man sie singend zeigt, muss es glaubwürdig sein. Um das zu erreichen, musste sich Angelina wirklich sehr intensiv vorbereiten.
Das sind gewaltige Fußstapfen. Maria Callas gilt als eine der größten, wenn nicht die größte Opernsängerin aller Zeiten. Wie herausfordernd war das Gesangstraining für Angelina Jolie? Und in welchem Maße wurde ihre Stimme mit den Originalaufnahmen von Maria Callas gemischt?
Ich meine, ihr Training dauerte etwa sieben Monate, und sie hat unglaublich hart gearbeitet, um beim Singen vor der Kamera glaubwürdig zu sein. Es machte die Figur nicht nur realer, sondern half ihr auch, Maria Callas auf einer tieferen Ebene zu verstehen. Sie musste den gesamten Prozess des Operngesangs erlernen, wie man atmet, die Haltung, wie man geht und spricht. Durch den Gesang gewann sie eine immersive Verbindung zur Figur.
Mit Spencer und Jackie haben Sie bereits zwei Filme über starke Frauen gemacht, die trotz ihrer Macht bis zu einem gewissen Grad unter ihren Ehemännern litten. Würden Sie sagen, dass Maria Callas ebenfalls in diese Kategorie fällt, insbesondere in Bezug auf ihre Beziehung zu Aristotle Onassis?
Ich würde es nicht unbedingt so formulieren. Ich würde sagen, dass sich Jackie, Prinzessin Diana und Maria Callas sehr ähnlich waren. Sie waren wahrscheinlich die meistfotografierten Frauen der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Sie wurden von der Presse stark beobachtet und hatten kaum Kontrolle über ihre eigene Geschichte oder darüber, wie sie durch die Öffentlichkeit wahrgenommen wurden. Sie alle standen in Verbindung mit mächtigen Familien und einflussreichen Männern, der königlichen Familie, den Kennedys und den Onassis. Und doch blieben sie trotz allem sie selbst, unabhängig davon, mit wem sie zusammen waren. Sie hatten ihren eigenen Willen und eigene Stimmen, und das beweist, dass sie unglaublich starke Frauen waren. Ich denke, das bleibt uns im Gedächtnis.
Lassen Sie uns ein Gedankenexperiment machen: Wenn Sie eine der Frauen aus Ihren letzten drei Filmen treffen könnten, welche würden Sie wählen?
Darüber denke ich nicht nach. Generell versuche ich, nicht über Dinge nachzudenken, die unmöglich sind. Was meine Filme und mein Privatleben betrifft, bin ich ein sehr bodenständiger Mensch, daher käme ich nie auf die Idee, mir so etwas zu erträumen.
Gibt es also keine Geschichte, die Sie mehr als die anderen inspiriert hat?
Nein, nein. Meine Filme sind wie meine Kinder, man liebt sie alle und hat keinen Favoriten.
Gibt es Pläne, diese Trilogie zu erweitern und fortzusetzen? Falls ja, wessen Leben würden Sie als nächstes auf die Leinwand bringen wollen?
Nein, für mich ist das jetzt abgeschlossen. Ich werde mich einem völlig neuen Thema widmen. Ich weiß noch nicht genau, was, aber es wird definitiv etwas anderes sein.
Können Sie uns einen kleinen Einblick in ein aktuelles oder zukünftiges Projekte geben? Oder machen Sie erst einmal eine Pause?
Nein, tut mir leid. Ich spreche nie über Filme, die noch nicht gedreht wurden.
Welche Inspiration erhoffen Sie sich für das Publikum durch Maria?
Das ist schwer zu sagen. Aber ich hoffe, dass die Zuschauer universelle Emotionen teilen können, durch die Musik, durch Erinnerungen und durch die Aura des Künstlers. Gleichzeitig weiß ich, dass die Reaktionen je nach Land, Gesellschaft und Person unterschiedlich ausfallen werden. Ich habe also keine bestimmte Vorstellung davon, was sie fühlen sollen, ich möchte nur, dass sie etwas fühlen. Solange sie etwas Echtes und Ehrliches empfinden, bin ich dankbar.
War es eine Ihrer Absichten, die Oper wieder ins Rampenlicht zu rücken, oder lag Ihr Fokus ausschließlich auf Maria Callas und ihrer Beziehung zur Oper?
Ich habe versucht, Oper und Kino zu verbinden. Ich denke, sie haben viel gemeinsam, und ich wollte sie zusammenbringen. Ich weiß nicht, warum es so wenige Filme über Oper gibt, und dieser Film fällt diese Lücke. Es war eine wunderbare Gelegenheit, Bühnenbilder, Kostüme, Figuren und Ideen aus der Welt der Oper in den Film zu integrieren. Da ich sowohl Kino als auch Oper liebe, war es eine großartige Chance, beides zu vereinen.
Das wars mit unserer Zeit. Vielen Dank für das Gespräch! Ich habe den Film wirklich gemocht und freue mich sehr auf Ihre nächsten Projekte.
Vielen Dank! Auf Wiedersehen.
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