On vous croit We Believe You
© Makintosh Films

We Believe You

On vous croit We Believe You
„We Believe You“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Wenn es nach Alice (Myriem Akheddiou) ginge, sie würde den Termin am liebsten sausen lassen. Doch es führt kein Weg dran vorbei, schließlich ist ihr Ex (Laurent Capelluto) entschlossen, die gemeinsamen Kinder Lila (Adele Pinckears) und Etienne (Ulysse Goffin) wiederzusehen, für die sie derzeit das alleinige Sorgenrecht hat. Also macht sie sich auf zum Familiengericht, gemeinsam mit ihrer Anwältin und den Kindern, um ihm doch noch einmal entgegenzutreten und alles dafür zu tun, dass er ihnen nicht zu nahekommt. So wollen es die beiden. So will sie es auch selbst, da sie ihm die zwei nicht anvertrauen kann. Mehr noch, sie muss es um jeden Preis verhindern, davon ist sie überzeugt – und das aus gutem Grund …

Traumaarbeit vor Gericht

Das Genre des Gerichtsfilms ist eines mit einer langen Tradition. Einer der ganzen großen Klassiker ist Die 12 Geschworenen, in den 1990ern waren die Kinos nicht zuletzt dank John Grisham voll von Geschichten, in denen sich aufrechte Menschen gegen das übergroße Unglück stemmten. In den letzten Jahren hat es mehrere Werke gegeben, die die Auseinandersetzung im Gerichtssaal nicht allein mit der Erzeugung von Spannung verbinden, sondern auch wichtige Themen ansprechen wollen. Anatomie eines Falls etwa handelte von der Konstruktion von Wahrheit. Hundschuldig nahm sich kürzlich des Tierschutzes an, als sich ein Hund wegen seiner Beißwut vor Gericht präsentieren muss. Und auch in We Believe You geht es weniger um die Frage, wer denn nun am Ende gewinnt. Vielmehr wollen Charlotte Devillers und Arnaud Dufeys, die gemeinsam Regie führten und das Drehbuch schrieben, das Publikum aufrütteln.

Dabei lassen sich die beiden Zeit. So erfährt man zwar früh, dass da eine Mutter vor Gericht um das Sorgerecht für die Kinder streiten soll. Also eigentlich nichts Außergewöhnliches. Und doch ist da eine Form der Anspannung, eine Nervosität, welche über das übliche Maß hinausgehen. Das liegt zum einen an der Mutter selbst, die – auch das merkt man bald – labil ist und sich nur mit Mühe zusammenreißen kann. We Believe You verrät aber erst später, woher das kommt und wie die Vorgeschichte der Familie aussieht. Das hat einen leichten Mystery-Touch, der durchaus neugierig macht. Dennoch ist die belgische Produktion primär ein Drama, welches von menschlichen Abgründen erzählt sowie den Schwierigkeiten, alte Traumata zu verarbeiten.

Spröde und hart

Wie weit diese reichen, offenbart sich im Laufe der Verhandlung, wenn nach und nach die verschiedensten Leute zu Wort kommen, zuletzt eben Alice. Dabei muss man auf eloquente Wortgefechte verzichten, wie man sie aus anderen Gerichtsfilmen kennt. Gestritten wird hier kaum, auch weil die Richterin das nicht zulässt. Hier dürfen alle sprechen, aber eben nacheinander. Eine wirkliche Auseinandersetzung zwischen den Figuren findet so nicht statt, wird schon im Keim erstickt. Dann und wann nimmt jemand Bezug auf das, was zuvor gesagt wurde. Das war es aber auch schon. Das macht We Believe You etwas spröder als übrige Genrevertreter, er wirkt dokumentarischer, nüchterner, auch distanzierter.

Das heißt aber nicht, dass das Drama, welches in der neuen Nachwuchssektion Perspectives der Berlinale 2025 Weltpremiere hatte, nicht auch bewegen kann. Gerade gegen Ende hin nimmt einen das Werk richtig durch die Mangel, was nicht zuletzt Hauptdarstellerin Myriem Akheddiou zu verdanken ist, in der Rolle der nicht nur innerlich kämpfenden Mutter. Ungewöhnlich ist dabei auch die Bildsprache. So greift We Believe You auf das alte 4:3 Fernsehformat zurück. Dieses führt zusammen mit den eigenwilligen Perspektiven dazu, dass man immer nur einen Ausschnitt aus der Verhandlung bekommt. Oft sieht man nicht, wer da eigentlich gerade redet, was zusammen mit den spärlichen Informationen zu kleineren Irritationen führt. Man weiß teilweise nicht einmal, wer da eigentlich wer ist. Auch das macht diesen Film zu etwas Besonderem, der gleichzeitig eigenwillig ist und doch ein erschreckend alltägliches Thema anspricht.



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We Believe You
fazit
„We Believe You“ schildert, wie eine Frau verzweifelt um das Sorgerecht für ihre Kinder kämpft. Das Gerichtsdrama ist etwas eigenwillig, sowohl bei der zunächst diffusen Erzählweise wie auch der Inszenierung. Gerade zum Ende hin darf der Film dafür umso härter zuschlagen.
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