
Als sich die 15-jährige Jackie (Mallory Wanecque) und der 17-jährige Clotaire (Malik Frikah) das erste Mal begegnen, prallen zwei Welten aufeinander. Es ist auch nicht so, als würden sich die beiden Jugendlichen auf Anhieb verstehen. Vielmehr werfen sie sich diverse Beleidigungen an den Kopf. Und doch, das Interesse ist da. Tatsächlich werden sie sich in der folgenden Zeit immer wieder treffen und geben sich ihrer rauschartigen Liebe hin. Dabei ahnt Jackie nicht, dass ihr Freund zunehmend auf die schiefe Bahn gerät – bis zu dem Tag, als er wegen eines Mordes ins Gefängnis kommt, den er gar nicht begangen hat. Mehr als zehn Jahre später ist Clotaire (jetzt: François Civil) auf freiem Fuß. Vergessen hat er seine Jugendliebe während all dieser Jahre nicht. Umso größer ist die Enttäuschung, als er feststellt, dass Jackie (jetzt: Adèle Exarchopoulos) inzwischen mit Jeffrey (Vincent Lacoste) verheiratet ist. Und das ist nicht das Einzige, was nach der Entlassung nicht nach Plan läuft …
Ein großer Hit über eine große Liebe
Als Schauspieler ist Gilles Lellouche natürlich gefragt, in vielen Dutzend Filmen hat der Franzose mitgespielt. Weniger produktiv ist sein Nebenjob als Regisseur, da dauert es oft viele Jahre, bis mal wieder etwas Neues herauskommt. Dabei sind seine Werke sogar recht erfolgreich, zumindest in seiner Heimat. Die Tragikomödie Ein Becken voller Männer um eine Gruppe gescheiterter Existenzen, die mit Synchronschwimmen anfangen, lockte in Frankreich rund 4,3 Millionen Menschen in die Kinos. Mit Beating Hearts konnte er diesen Erfolg sogar noch übertreffen. Knapp 5 Millionen Besucher und Besucherinnen waren dieses Mal am Start und wollten wissen, wie das mit dieser leidenschaftlichen Beziehung weitergeht. Dabei sind die beiden Filme kaum miteinander zu vergleichen.
Tatsächlich ist der dritte Langfilm von Lellouche allgemein schwer mit anderen Filmen zu vergleichen. Anfangs meint man noch, dass es sich um eine dieser Geschichten handeln könnte, bei denen sich eine Tochter aus gutem Haus in einen Bad Boy verliebt. Solche gibt es ja immer wieder, gerade im Jugendbereich. Beating Hearts ist da aber insofern anders, dass die Protagonistin selbst eine sehr rebellische Art hat und zudem nicht auf den Mund gefallen ist. Wenn überhaupt, dann könnte man hier von einer amour fou sprechen, der Originaltitel lautet nicht ohne Grund L’Amour Ouf. Bei der ersten Hälfte des Films spielt das aber keine wirkliche Rolle. Leidenschaftlich geht es zwar schon zu, aber nicht so, dass jemand darunter leiden würde. Das trifft erst in der zweiten Hälfte zu, nach dem großen Zeitsprung, wenn sie sich wiedersehen.
Ein Sinnesrausch voller Exzesse
Ein weiterer Aspekt des Films ist, dass Kriminalität eine große Rolle spielt. Tatsächlich gibt es eine Reihe von Szenen, die eine Einteilung als Krimi bzw. Thriller rechtfertigen würden. Nicht nur, dass es um Verbrechen und Gangsterbanden geht. Da ist zudem erstaunlich viel Brutalität dabei. Wer sich Beating Hearts anschaut, um richtig viel Romantik zu erleben, dürfte an manchen Stellen irritiert sein, wie gewalttätig es zugeht. Aber auch sonst ist Lellouche alles andere als zurückhaltend: Sein Drama zelebriert die Exzesse geradezu. Immer wieder wird es sehr theatralisch, auch unter Einsatz von Musik und Inszenierung. Da hat man zuweilen das Gefühl, in eine Parallelwelt gerutscht zu sein, in der alles und alle übertrieben sind, das Leben ein einziger Sinnesrausch ist.
Daraus muss man sich einlassen können. Wer eine normale Liebesgeschichte sehen möchte, wie sie das Leben schreibt, ist bei der Adaption des Romans 1997 veröffentlichten Romans Wildes Leben bzw. Jackie Loves Johnser OK? des irischen Autors Neville Thompson falsch. Das Drama, welches 2024 in Cannes Weltpremiere hatte, will ein überwältigender Liebesfilm sein, groß, grandios, tragisch. Das ist er auch, Beating Hearts ist schon eine Art Event, bei dem nirgends gespart wurde. Nicht einmal am Geld, mit einem Budget von 35 Millionen Euro ist das schon sehr teuer gewesen, zumindest für einen Film, der in der Gegenwart spielt. Aber zumindest aus Publikumssicht war es das wert. Selbst wenn Lellouche bekannte Versatzstücke nimmt und das Ergebnis manchmal etwas anstrengend ist, vergessen wird man das hier so schnell nicht.
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