
An Dokumentationen über Musikgrößen mangelt es sicherlich nicht. In den letzten Jahren hat es Filme zu den unterschiedlichsten Stars gegeben, ob nun David Bowie (Moonage Daydream), Cyndi Lauper (Let the Canary Sing), Avicii (Avicii – Ich heiße Tim) oder Sinead O’Connor (Nothing Compares). Insofern verwundert es nicht, wenn mit Becoming Led Zeppelin eine weitere solche biografische Musikdoku bei uns herauskommt. Verwunderlich ist eher, dass es so lange gedauert hat, schließlich hat sich die legendäre Rockband bereits vor mehr als 40 Jahren aufgelöst. Da sollte man meinen, dass schon viel früher die Geschichte erzählt würde. Natürlich gab es schon früher Leute, die sich mit dem Thema befassten. Es war aber das erste Mal, dass die Band eine solche Anfrage angenommen und kooperiert hat.
Die Anfänge der legendären Band
Für den Film ist das einerseits ein Segen, da hiermit das Recht einging, die Musik der Band zu benutzen. Und diese braucht es natürlich, um dem Thema gerecht zu werden. Zwar gibt es durchaus Porträts von Künstlern und Künstlerinnen, die sich stärker mit anderen Aspekten befassen. So startet gleichzeitig das biografische Drama Niki de Saint Phalle, das die Bilder und Skulpturen der gleichnamigen Künstlerin ausspart und sich allein mit ihrer Familiensituation und ihrem Trauma befasst. Dennoch, wer sich Becoming Led Zeppelin anschaut, will die Helden auf der Bühne sehen, will die Lieder hören, mit denen sie berühmt geworden sind. Das geschieht auch, wenngleich nicht ganz so, wie man das vielleicht erwarten könnte, viele bekannte Stücke wie Stairway to Heaven fehlen.
Das hat dann weder lizenzrechtliche Gründe noch handelt es sich um ein Versehen. Vielmehr ist es die Folge des Konzepts: Anstatt die Hochphase der englischen Band wiederzugeben, erzählt Regisseur Bernard MacMahon von den Anfängen. Wie haben sich die Männer kennengelernt? Wie ging es danach weiter? Becoming Led Zeppelin erzählt zwar schon auch von der Karriere, schließlich dauerte es nicht lange mit dem Durchbruch. Schon das erste Album, benannt nach der Band, wurde ein riesiger Erfolg, erhielt allein in den USA acht Platin-Auszeichnungen. Sie ist aber nicht der Fokus, ein Best-of-Medley bleibt dadurch aus. Zu hören gibt es dennoch einiges, darunter den Klassiker Whole Lotta Love oder auch Shirley Basseys Goldfinger. Jimmy Page und John Paul Jones waren bei den Studioaufnahmen dabei, lange bevor sie mit ihrem Zeppelin durchstarteten.
Nichts Neues, aber sehenswert
An Anekdoten dazu und vielen anderen Ereignissen in ihrem Leben mangelt es nicht. Die drei überlebenden Mitglieder wurden eigens für den Dokumentarfilm erneut interviewt und dürfen sich daran erinnern, wie das vor über 50 Jahren alles zuging. Becoming Led Zeppelin ergänzt dieses neue Material durch Archivaufnahmen, sei es von Auftritten, Medienschnipsel oder auch Aussagen von John Bonham, der mit gerade einmal 32 Jahren starb und damit das Ende der Band einleitete. Das Übliche eben. MacMahon mag etwas Historisches gelungen sein, indem die Mitglieder vereinte und mit ihnen über die Vergangenheit sprach. Eine zündende Idee, wie man sich von anderen Künstlerbiografien unterscheiden kann, hatte er aber nicht. Eine eigene Handschrift sucht man vergebens, weshalb nicht ganz klar wird, warum er nun den Zuschlag erhalten hat, woran andere scheiterten.
Es ist auch nicht so, als würde inhaltlich wirklich etwas Neues herausspringen. Als würde hier etwas enthüllt, was noch nie gesagt wurde. Und doch ist Becoming Led Zeppelin schon sehenswert, sowohl für Fans wie auch ein Publikum, das sich bislang nicht mit dem Thema befasst hat. Die persönlichen Geschichten sind lebendig vorgetragen, der individuelle Rückblick ist mit einem Zeitporträt verbunden. Und dann ist da eben noch die Musik. Selbst wenn der Film nicht die gesamte Bandbreite aufzeigt wegen des selbstgewählten Rahmens, ist er so lebendig, getragen von den energievollen Auftritten der Gruppe, dass man gern zusieht und vor allem zuhört. Klar fehlt wie so oft die kritische Distanz. Wer aber in erster Linie unterhalten werden möchte, wird bedient.
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