
Heinz Klett (Raimund Harmstorf) gilt als einer der gefährlichsten und brutalsten Verbrecher in der BRD. Als ihm dank seiner Komplizen, darunter Luigi (Gianni Macchia) und dessen Freundin Heidi (Christine Böhm), die Flucht aus der Haft beginnt, verliert er daher keine Zeit mit der Planung eines neuen Banküberfalls. Dieses Mal will er sich jedoch endgültig ins Ausland absetzen und peilt daher nicht nur einen Überfall, sondern auch die Erpressung des Vorstands der Bank um mehrere Millionen an. Heidis Bruder Christian (Amadeus August), der von seinem Dienst bei der Bundeswehr desertiert ist, kommt zu der Gruppe hinzu und soll bei dem Überfall helfen, auch wenn er mit Kletts Unberechenbarkeit und Brutalität nicht viel anfangen kann. Am Tag des Überfalls geht zunächst alles gut, vor allem als die Bande herausfindet, dass sich unter den Geiseln die Tochter eines reichen Geschäftsmannes befindet, was die Lösegeldforderung noch einmal nach oben treibt. Je länger jedoch der Überfall andauert, desto mehr wird deutlich, dass Heinz’ Bereitschaft Gewalt einzusetzen, die Situation zum Eskalieren bringt. Es dauert dann auch nicht lange und es kommt zu Unstimmigkeiten innerhalb der Bande.
Eine Ära der Gewalt
1972 erreichte der Terror der linksextremistischen Roten Armee Fraktion einen traurigen Höhepunkt mit dem sogenannten „Schwarzen September“. Die Angst und die Wut über die Brutalität der Anschläge sowie die gesellschaftliche Spaltung, die durch den RAF-Terror noch verschärft wurde, griffen viele Filmemacher auf, unter anderem in Blutiger Freitag von Regisseur und Schauspieler Rolf Olsen. Die deutsch-italienische Koproduktion ist ein wütender Kommentar auf die oben genannten Ereignisse und Entwicklungen sowie vergleichbar mit den italienischen Poliziotteschi, die Themen wie Korruption, Verbrechen und Gewalt innerhalb der Gesellschaft zeigten. Blutiger Freitag funktioniert zum einen als Genrefilm aufgrund seiner Schusswechsel und Verfolgungsjagden, aber noch viel interessanter wird er, wenn man ihn als Reflektion einer an Terror und Gewalt müden Gesellschaft sieht, in der es keine Mitte mehr gibt, sondern nur noch Extreme.
Gleich zu Beginn findet sich der Zuschauer wieder in einer Welt, in der die Waffe regiert und die Angst vor dem Terror allgegenwärtig ist. Ohne klassische Exposition wird die Hauptfigur eingeführt, als sie sich mithilfe zweier Komplizen gewaltsam einen Weg aus dem Gerichtsgebäude erkämpft, wo ihr der Prozess gemacht werden soll. Dass einer der Gehilfen dabei den Polizisten in die Fänge geht, wird von Klett später nur zynisch als „Pech“ kommentiert, was keinen Zweifel daran lassen sollte, wem die Loyalität des Protagonisten eigentlich gilt. Begriffe wie „Klassenkampf“ sind Teile seiner Rhetorik, mit der er seine Mithelfer an sich bindet und damit deren Träume von einem Leben jenseits des „Sklavendaseins“, wie er es nennt.
Raimund Harmstorf als Heinz Klett verkörpert den brutalen Soziopathen, dessen Gier und Gewalt sich hinter dem Deckmantel linksextremer Ideologie versteckt und der durch seine Pose und sein Charisma so attraktiv wird, dass keiner daran denkt, von ihm zu weichen. Selbst der eigentlich vernünftig erscheinende Christian verfällt diesem Terroristen, auch weil dieser das Leben seiner Schwester in seiner Hand zu haben scheint. Fast noch erschreckender als die brutalen Szene in Blutiger Freitag sind vielleicht noch die Posen und Schlagworte, mit denen Klett sein Umfeld an sich bindet und sie so blind macht dafür, dass sie eigentlich ebenso Verbrecher und Mörder sind wie er.
Die Spaltung der Gesellschaft
Ähnlich den Italienischen Polizeifilmen der 1960er und 1970er Jahre geht es auch Olsen darum, nicht nur Verbrechen zu zeigen, sondern auch die Auswirkungen auf die Gesellschaft. Während Klett und seine Bande mit der Polizei verhandeln, interviewt ein Reporter einige der Menschen in der Menge, die sich um die Bank geschart hat und darauf wartet, was als Nächstes passieren wird. In der Folge zeigt der Film eine Collage der unterschiedlichen Meinungen zum Terror, den die eine Seite mit unnachgiebiger Härte bestrafen will und die andere als Konsequenz der „gesellschaftlichen Umstände“ ansieht und damit eine Meinung vertritt, mit der Klett seine Mitstreiter um sich sammelt.
Mit einem beinahe dokumentarischen Blick zeigt Olsens Film die Extreme dieser Zeit, den Terror wie auch die sozialen Lager, in der es keinerlei Konsens mehr gibt und die beide gleichermaßen hilflos sind angesichts der Brutalität, die zum Alltag geworden ist. In einer Zeit, in der wir eine ähnliche Spaltung der Gesellschaft erfahren, ist es an der Zeit, diese Bilder besonders intensiv zu betrachten. Es ist nur schade, dass Olsens Film in einem allzu moralisierenden Ende mündet, das man ausgerechnet mit einem Zitat Napoleon Bonapartes unterlegt hat.
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