Eigentlich haben Ray Driscoll (Brian Tyree Henry) und Manny Carvalho (Wagner Moura) die perfekte Betrugsmasche: Sie geben sich als Drogenfahnder aus und raubten so die Unterschlüpfe kleinerer Dealer in Philadelphia aus. Doch als die beiden Gauner bei dem Überfall auf eine abgelegene Drogenküche die Aufmerksamkeit von einer Bikergang und der DEA auf sich ziehen, geraten sie in ein tödliches Chaos. Im Vorfeld des Serienstarts von Peter Craigs Dope Thief (Premiere am 14. März 2025 auf Apple TV+) haben wir mit den Hauptdarstellern Brian Tyree Henry und Wagner Moura über ihre Charaktere und deren Beziehung gesprochen.
Was waren eure ersten Gedanken, als ihr das Drehbuch gelesen habt, und habt ihr auch einen Blick in das Buch von Dennis Tafoya geworfen?
Wagner Moura: Ich habe die Romanvorlage nicht gelesen. Ich meine … (lacht) ich bin sehr spät zur Serie dazugestoßen (Ursprünglich war Michael Mando für die Rolle vorgesehen, wegen Streitigkeiten am Set mit einem Co-Star war der Schauspieler laut „Hollywood Reporter“ entlassen worden).
Brian Tyree Henry (lacht ebenfalls): Da gab es nicht viel Zeit zum Lesen.
Wagner Moura: Nicht einmal das Drehbuch. Ich habe die Skripte im Flugzeug auf dem Weg nach Philadelphia gelesen. Aber als ich es las, war ich wirklich beeindruckt, dass es sich nicht um normale kriminelle Figuren handelt. Sie sind keine harten Macho-Typen. Sie wollen nicht dort sein. Sie wollen nur einen Ausweg aus dieser Situation. Manny ist wahrscheinlich die verletzlichste Figur, die ich je gespielt habe. Es ist eine sehr emotionale Figur, ein Mann, der ein anderes Leben für sich vorsieht, aber aus diesem Kreislauf der Gewalt nicht entkommen kann, in dem viele Latinos und viele Schwarze hier in den USA und in Südamerika gefangen sind. Was mir also auffiel, war die Tatsache, dass es in der Serie um Freundschaft geht. Die Zärtlichkeit zwischen ihnen ist sehr einzigartig. Sie sind sehr zärtlich und lieb zueinander. Natürlich ist es auch eine Art romantische Beziehung mit den entsprechenden Komplexitäten. Sie schreien sich gegenseitig an, sie hassen sich, sie lieben sich, alles ist sehr intensiv. Aber es gibt viel Liebe zwischen zwei Männern, und das ist etwas, das in diesem Genre nicht gezeigt wird.
Brian Tyree Henry: Als ich das Buch gelesen habe, waren die Charaktere weiß. Es ging nicht um einen schwarzen und einen braunen Mann in der Geschichte, sondern um die Perspektive dieser beiden weißen Männer, die diese Betrugsmasche durchziehen. Und das ändert alles, wenn man unsere Körper in eine solche Situation und solche Umstände bringt, weil dann ganz andere Dinge auf dem Spiel stehen. Und was ich an Peter (Craig) liebe, ist, dass er genau wusste, dass es so laufen musste. So hatte er es sich vorgestellt. Ich war wirklich fasziniert, denn es hätte sehr leicht sein können, in diese Tropen zu verfallen, du weißt schon: der schießwütige Macho, der durch Glasscheiben springt, AK-47er und so weiter und so fort. Aber am Ende ging es wirklich um die Entwicklung der Charaktere, es ging wirklich um die Beziehung zwischen Ray und Manny und was die Liebe ist, die sie teilen, die Zärtlichkeit, die sie haben, was diese Freundschaft wirklich bedeutet.
Ich hatte mir das Wort „Bromance“ aufgeschrieben, weil es das erste war, was mir in den Sinn kam, als ich die beiden in diesem Chaos interagieren sah. Es ist interessant, diese Kontraste von Gewalt und zwischenmenschlicher Liebe zu haben. Darüber hinaus ist es natürlich ein Drama mit schockierenden Szenen, aber es gibt auch einige ziemlich düstere Witze, vor allem, wenn du, Brian, beteiligt bist. Was denkst du über diese eher zynischen Momente?
Brian Tyree Henry: Es muss Humor geben. Es muss eine Art von Leichtigkeit in dem geben, was sie durchmachen. Ein großer Teil davon ist Peters Auffassung. Peter kann dunkel sein, und ich liebe Peters Dunkelheit. Ich liebe die Art und Weise, wie Peter die Schwere und Komplexität der Realität mit Humor durchdringen kann und das war etwas, was ihn und mich sofort verbunden hat. Ich stelle fest, dass ich oft vor der Herausforderung stehe, mich in Situationen zu begeben, die so verdammt absurd sind. Und ich frage mich dann: Welche Reaktion hast du erwartet, als du mich in diese Situation gebracht hast? Für mich ist das witzig. Jeder, der zuschaut, muss das Gefühl haben, dass da eine Art Humor drinsteckt. Und manchmal, wenn man mit Dingen wie Angst und Trauer zu tun hat, ist Humor die beste Medizin. Ich denke, Ray ist definitiv einer dieser Menschen, die den Humor in all der Absurdität dessen sehen können, was ihm zugemutet wird.
Und ich glaube, ich bin auch einer dieser Menschen. Es gibt immer wieder Dinge im Leben, bei denen ich mir denke: Das kann doch nicht wahr sein. Ich weiß, dass wir das alle gesehen haben. Ich weiß, wir wissen, dass das lächerlich ist. Und ich hatte das Gefühl, dass es Ray genauso geht. Ich meine, buchstäblich vom Anfang bis zum Ende der Serie ist Ray in Situationen geraten, in denen er einfach nur dieses eine Haus ausrauben, diesen einen Coup machen wollte. Und jetzt ist alles wie ein Jenga-Spiel, und ich habe mich nicht einmal angemeldet, um dieses Spiel zu spielen. Und dann habe ich meinen Komplizen, der weiß, wie absurd das ist, der meine Grenzen kennt und meine Frustrationen kennt. In meinem Kopf gibt es immer noch diese beiden Männer, die mit dem Verstand von Jugendlichen agieren, du siehst uns übers Telefon streiten oder in einer Autowaschanlage oder wie wir uns anschreien, weil eine Person Durchfall hat und nicht zuhört, was der andere sagt. Diese Dinge sind lustig. Ich denke, es ist ein weiteres großartiges Element unserer Serie, dass sie auch mit Humor gefüllt ist. Es steht viel auf dem Spiel, aber es gibt immer noch Raum für Humor. Und das ist es, was Dope Thief so besonders macht.
Wagner, du hast schon angesprochen, dass deine Figur sehr zwiespältig ist. Er hat hohe moralische, religiöse Ansprüche an sich selbst, aber auf der anderen Seite gerät er ständig in diese Schlamassel. Wie war es für dich, diese Figur zu spielen, die innerlich zerrissen ist?
Wagner Moura: Ich glaube, Manny ist eine sehr tragische Figur, so wie die Figuren in griechischen Tragödien. Die Typen, die einen tragischen Weg gehen und es gibt nichts, was das aufhalten kann. Er versucht immer, einen Ausweg zu finden, sei es durch Drogen oder Religion oder …
Brian Tyree Henry: … oder Beziehung.
Wagner Moura: Oder Beziehung, ja, oder Fürsorge. Aber das kann er nicht, denn dazu müsste er sich von Ray trennen, und das kann er nicht tun. Und das ist eine sehr tragische Situation. Wir alle waren schon in Situationen, in denen wir wussten, was das Richtige ist, aber wir konnten es nicht tun.
Brian Tyree Henry (lacht): Ich nicht, ich habe das nie gehabt. Das habe ich noch nie erlebt.
Wagner Moura (ebenfalls lachend): Ich schon. Ich war schon oft in so einer Situation. Aber, ja, so ist das bei Manny. Ich habe sehr viel Mitgefühl, ich liebe Manny so sehr. Weil es eine Seele ist, die sich wirklich bemüht. Er gibt sich wirklich Mühe. Er versucht es bis zum Ende.
Ich habe mich scherzhaft gefragt, ob ihr euch jemals vorstellen könntet, ein ganz anderes Genre auszuprobieren wie zum Beispiel eine Liebeskomödie oder etwas Unbeschwerteres als das, was ihr normalerweise spielt. Denn jedes Mal, wenn ich euch sehe …
Brian Tyree Henry: … wird auf uns geschossen, oder? Es ist ein Trauma. Es ist ein Trauma, oder? Die ganze Zeit. Wir haben versuchen, aus Dope Thief eine Liebeskomödie zu machen…
Wagner Moura: … Es könnte auf jeden Fall eine Liebeskomödie sein!
Brian Tyree Henry: Wir mögen zwar blutverschmiert sein, aber es ist immer noch irgendwo eine Romanze drin.
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