
Der Teenager Isaac (Rupert Turnbull) hat erst seine Mutter verloren, dann kommt auch sein Vater James (Charles Aitken) bei einem Unfall ums Leben. Zurück bleibt er mit seiner Stiefmutter Laura (Julia Brown) in einem abgelegenen, von seinem Vater entworfenen Architektenhaus. Schon zu Lebzeiten des Vaters war die Beziehung zwischen Laura und Isaac distanziert, nun stehen die beiden vor der Herausforderung, inmitten ihrer Trauer eine neue Form des Zusammenlebens zu finden. Während Laura ihren Schmerz mit Alkohol betäubt, verweigert Isaac die Akzeptanz des Todes seines Vaters – eine Verweigerung, die sich schon in düsteren Zeichnungen an der Wand seines Zimmers andeutet, und schließlich in der Erscheinung einer unheimlichen Kreatur manifestiert, die das Gesicht des toten James trägt.
Das Monster der Trauer
Daddy’s Head ist nach Double Date (2017) der zweite Spielfilm des britischen Regisseurs Benjamin Barfoot. Während er dort einen Slasherfilm mit schwarzem Humor kombinierte, schlägt er in seinem neuen Werk einen völlig anderen Ton an. Jegliche humoristischen Elemente weichen einer düsteren Ernsthaftigkeit, die sich durch den gesamten Film zieht. Daddy’s Head folgt dabei einer bewährten Erzähltradition des psychologischen Horrors, bei der das Übernatürliche eine Metapher für innere Konflikte und Verluste bildet. Wie bereits in Jennifer Kents Der Babadook oder Scott Coopers Antlers bleibt lange offen, ob das Unheimliche tatsächlich existiert oder lediglich der Vorstellungskraft der trauernden Figuren entspringt. Barfoot entscheidet sich dabei für eine reduzierte Erzählweise und setzt weniger auf effektgeladene Schockmomente als auf eine dichte, beunruhigende Atmosphäre. Die Spannung erwächst aus der allgegenwärtigen Unsicherheit – weder Isaac noch das Publikum kann sich sicher sein, ob die Kreatur real ist oder ein Symptom seiner psychischen Verarbeitung.
Ein zentrales Element der Wirkung von Daddy’s Head ist das überzeugende Design der Kreatur. Die Entscheidung, das Monster nur sporadisch und niemals in völliger Klarheit zu zeigen, verstärkt die Wirkung der wenigen, bewusst gesetzten Schreckmomente. Hinzu kommt die emotionale Distanz zwischen Isaac und Laura, die sich auch in der Inszenierung des Raumes widerspiegelt. Das moderne, sterile Architektenhaus erscheint als unpersönlicher Fremdkörper inmitten einer unwirtlichen Landschaft und wird so zur eindrücklichen Metapher für die unterkühlte Beziehung zwischen den Protagonisten.
Ende mit Schwächen
Die darstellerischen Leistungen tragen wesentlich zur Intensität des Films bei. Rupert Turnbull gelingt es, die innere Zerrissenheit und die Verzweiflung Isaacs mit einer für sein Alter bemerkenswerten Subtilität darzustellen. Julia Brown verkörpert die überforderte Stiefmutter ebenso überzeugend und bringt die Ambivalenz ihrer Figur – zwischen Verantwortung und Resignation – glaubhaft zum Ausdruck. Die Interaktion der beiden Hauptfiguren verleiht dem Film dazu noch eine Tiefe, die weit über das bloße Schreckensmoment hinausgeht.
Trotz der gelungenen Inszenierung bleibt Daddy’s Head, der für den auf Horror und Thriller spezialisierten amerikanischen Streaminganbieter Shudder gedreht worden ist, nicht ohne Schwächen. Die Auflösung des Films wirkt unbefriedigend, zu viele Fragen bleiben ungeklärt. Während eine gewisse Offenheit der Interpretation dem Genre zugutekommt, verliert der Film gegen Ende an narrativer Klarheit und hinterlässt das Publikum mit einem Gefühl der Unvollständigkeit. Dennoch bleibt Daddy’s Head ein atmosphärisch dichter, visuell stimmiger Horrorfilm, der zwar keine neuen Maßstäbe setzt, aber durch seine Gestaltung und seine Intensität überzeugt. Am Ende bleibt ein solider Beitrag zum psychologischen Horror, der mit seinen Stärken besticht, aber auch seine Grenzen hat.
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