
Für einen guten Betrug ist Lilly Dillon (Anjelica Huston) immer zu haben: Mit geschickt platzierten Wetten beim Pferderennen manipuliert sie im Auftrag des Gangsterbosses Bobo Justus (Pat Hingle) regelmäßig die Quoten und hat sich dabei ein hübsches Sümmchen ergaunert. Ihr Sohn Roy (John Cusack) ist nicht minder skrupellos, bei ihm sind es Würfel und gezinkte Karten, mit denen er seine Mitmenschen zu betrügen versucht. Als er dabei eines Tages erwischt wird, bekommt ihm das nicht gut, er wird direkt ins Krankenhaus geprügelt. Dort trifft er dann auch Lilly wieder, die er seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Diese ist wenig begeistert von den gefährlichen Machenschaften ihres Sohnes. Noch weniger begeistert ist sie jedoch von dessen Freundin Myra Langtry (Annette Bening), die nicht minder verschlagen und betrügerisch unterwegs ist, dabei aber auf ein anderes Werkzeug setzt: ihren Körper …
Romanadaption mit großen Stars
Nachdem er zuvor mehrere eher weniger beachtete Filme und Fernsehproduktionen gedreht hatte, wurde der britische Regisseur Stephen Frears in den 1980ern schlagartig berühmt. Das auf einem Theaterstück basierende Drama Mein wunderbarer Waschsalon (1985) wurde mit Lob überschüttet, die Roman-Adaption Gefährliche Liebschaften (1988) erhielt beachtliche sieben Nominierungen bei den Oscars. Während diese beiden Titel aber als Klassiker gelten, ist Grifters (1990) eher in Vergessenheit geraten. Dabei lockt der Krimithriller mit diversen Stars, war ebenfalls mehrfach im Oscar-Rennen, Frears wurde sogar erstmals als bester Regisseur nominiert. Auch die Kritiken waren wieder sehr gut. An den Kinokassen hinterließ das Werk jedoch eher weniger Eindruck, das Publikum interessierte sich nicht so wahnsinnig für die Betrügereien des Trios.
Ersonnen wurden dieses dabei von Jim Thompson, sein Roman The Grifters war bereits 1963 erschienen. Die Adaption verlegt das Geschehen zwar in die damalige Gegenwart, verzichtet aber darauf, es irgendwie modernisieren zu wollen. Tatsächlich ist das hier ein klassischer, geradezu altmodischer Genrevertreter, der alten Noir-Thrillern nacheifert. Der Unterschied: Wo bei diesen oft Figuren unterwegs waren, die als Identifikationsfläche dienten und trotz ihrer Mängel und Abgründe das Publikum mitnahmen, da stehen hier drei durch und durch verdorbene Menschen im Mittelpunkt. Ob sie nun bei Pferdewetten betrügen, beim Kartenspiel oder mit nackten Tatsachen andere um ihr Geld bringen, ist letztendlich nebensächlich. Sympathisch ist da niemand.
Spielfreudig in den Abgrund
Das müssen sie auch nicht sein. Wo Heist Movies oft mit Charakteren locken, die zwar kriminell sind, aber doch irgendwie einladend, da besteht das Vergnügen bei Grifters maßgeblich in der Schamlosigkeit der drei. Sie betrügen nicht nur den Rest der Welt, sondern haben auch kein Problem damit, sich gegenseitig in den Rücken zu fallen. Die Zuschauer und Zuschauerinnen dürfen daher gespannt sein, wer am Ende siegreich ist, vor allem bei den von Anfang an sehr betonten Konflikten zwischen den zwei Frauen. Beide wollen Roy für sich haben und begegnen sich gegenseitig mit Misstrauen und Verachtung. Zumindest teilweise ist der Thriller daher auch ein Liebesdreieck, wobei das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn seltsam ambivalent ist. Immer wieder gibt es Andeutungen einer inzestuösen Beziehung, ohne dass das je ganz geklärt würde.
Dabei ist Grifters ein Film, der sich durchaus Zeit nimmt für seine Figuren. Es dauert sogar vergleichsweise lange, bis die Geschichte in Fahrt kommt. Manchen könnten das zu langsam sein, zumal auch nicht klar ist, wohin sich das überhaupt entwickeln soll. Erst im weiteren Verlauf bietet der Thriller mehr, richtige Hochspannung tritt aber nur in einer Szene auf, nachdem lang genug eskaliert wurde. Dennoch ist das Ergebnis sehenswert, wechselt zwischen Eleganz und verruchter Verführung, und kann sich dabei auf die exquisite Besetzung verlassen, die sich mit viel Spielfreude in die menschlichen Abgründe begibt.
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