
Mehrfach schon hat Joon Rostami (Altamasch Noor) versucht, sich in Deutschland niederzulassen, ohne die passenden Papiere. Nun ist der Iraner mal wieder da, erneut illegal. Das soll sich aber ändern, die Polizei ist bereits angerückt. Der Unerwünschte will aber nicht kampflos aufgeben, im Handgemenge schnappt er sich die Waffe des Polizisten Roland Orbach (Maximilian Brückner), die Situation droht endgültig zu eskalieren. Glücklicherweise kommt aber Hauptkommissar Erichsen (Armin Rohde) rechtzeitig hinzu und es gelingt ihm, wieder etwas Ruhe reinzubringen. Rostami lässt die Waffe sinken. Dabei kommt es jedoch zu einem fatalen Missverständnis: Im Glauben, der illegale Einwanderer könnte auf sie schießen, greift die Polizistin Mona Nowak (Rocío Luz) zu ihrer Pistole und feuert, der Ausländer stirbt noch vor Ort. Handelte es sich um Notwehr? Und wie soll es weitergehen?
Rückkehr einer Ausnahmereihe
Sie gehörten meist zu den Höhepunkten im deutschen Fernsehen: die Filme der ZDF-Krimireihe Nachtschicht. Im Vergleich zu vielen anderen hierzulande produzierten Genrevertretern gab es dort interessantere Geschichten, teils auch mehr Spannung, wenn ordentlich Tempo gemacht wurde. Bei Wir sind alle keine Engel zuletzt ging es um per Radio verkündete Beziehungsenden und eine Geiselnahme, was vielleicht nicht immer nachvollziehbar war. Spaßig war es aber durchaus. Die Produktivität war dabei geringer als bei der Konkurrenz, in der Regel gab es nur einen neuen Film pro Jahr. Das dafür aber beständig: Von 2003 bis 2022 wurden 18 Teile ausgestrahlt. Umso enttäuschender war, dass diese Routine unterbrochen wurde. Nachschub gab es keinen, aber auch keine Info, ob die Reihe eingestellt wurde. Jetzt ist sie wieder da, mit Der Unfall gibt es ein Wiedersehen, ein weiterer Film ist bereits in Arbeit.
Dieses Mal suchte sich Regisseur und Drehbuchautor Lars Becker, der von Anfang an die Reihe verantwortete, das allgegenwärtige Reizthema Immigration aus. Eine illegale auch noch, weshalb Teile des Publikums von vornherein auf 180 sein werden, noch bevor die Geschichte angefangen hat. Gesellschaftliche Themen hat es dabei schon vorher gegeben, bei Blut und Eisen etwa ging es um Gewalt von rechts. Nachtschicht: Der Unfall verzichtet dabei zwar prinzipiell auf den erhobenen Zeigefinger, man verkauft sich nicht als moralische Instanz. Drüber nachdenken sollen die Zuschauer und Zuschauerinnen aber schon, zumal hier noch das Thema Polizeigewalt hinzukommt. Der Polizist als rassistischer Richter und Henker? Ganz so ist es dann doch nicht, die entsprechende Polizistin entspricht nicht dem üblichen Feindbild, fällt weder durch Fremdenfeindlichkeit noch Schießwut auf.
Weniger originell als sonst
Nachtschicht: Der Unfall verfolgt dabei mehrere Stränge. Auf der einen Seite geht es schon um die Frage, wie es zu dem tödlichen Zwischenfall kommen konnte. Dabei wird mit Kritik an der Polizei nicht gespart, ohne sie deshalb aber einseitig verteufeln zu wollen. Sie ist zwar eine Institution, dabei aber auch eine Ansammlung von Individuen mit eigenen Persönlichkeiten und Ansichten. Verbunden wird das mit einem Blick auf ein System, das mit der Not dieser geflüchteten Menschen Kasse macht. Das betrifft sowohl die Flucht an sich wie auch der Aufenthalt in Deutschland. Schließlich kann man Leute, die sich verstecken müssen, wunderbar ausbeuten, ohne dass die sich wehren können.
Es sind also schon mehrere Baustellen und Abgründe, die Becker in den Mittelpunkt stellt. Das ist dann vielleicht nicht so originell wie andere Geschichten, die er im Laufe der Zeit erzählt hat. Schade ist vor allem, dass der Humor, der immer wieder für Erheiterung sorgte, dieses Mal nicht so wirklich präsent ist. Da waren andere Teile dann doch unterhaltsamer. Insgesamt ist Nachtschicht: Der Unfall aber eine willkommene Rückkehr der Krimireihe, die neben den vielen Schlafwagen-Krimis des deutschen Fernsehens positiv hervorsticht. Sofern man das Thema nicht grundsätzlich ablehnt, lohnt sich das Einschalten daher.
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