
Die 19-jährige O’Dessa (Sadie Sink) lebt nach dem ökologischen Desaster zusammen mit ihrer Mutter auf einer Farm. Als diese jedoch stirbt, steht für die Jugendliche fest, dass sie hinaus in die Welt muss, so wie es ihr Vater getan hatte. Von ihm hat sie auch die Gitarre geerbt, ein wertvolles Instrument, welches ihr schon nach kurzer Zeit gestohlen wird. Also macht sie sich auf den Weg in die Großstadt, in der Plutonovich (Murray Bartlett) das Sagen hat, dessen Fernsehshow überall ist. Dabei macht sie die Bekanntschaft von Euri Dervish (Kelvin Harrison Jr.), der ihre Liebe zur Musik teilt und dem sie schnell näherkommt. Doch das junge Glück wird durch Neon Dion (Regina Hall) überschattet, die über das Leben des Mannes bestimmt und ihm keine eigenen Entscheidungen zugesteht …
Aus Liebe zur Musik
Dass Geremy Jasper Musik liebt, ist kein Geheimnis. Nicht nur, dass er selbst welche macht. Auch filmisch dreht sich bei ihm alles um diese Kunstform. So begann seine Karriere als Regisseur mit mehreren Musikvideos. Sein erster Spielfilm Patti Cake$ – Queen of Rap handelte 2017 von einer jungen Frau, die unerwartet Karriere als Rapperin macht. Anschließend dauerte es ganz acht Jahre, bevor sich der US-Amerikaner mit einem zweiten Langfilm zurückmeldete. Wenig überraschend ist auch O’Dessa in der Welt der Musik angesiedelt. Dabei hat diese aber nur wenig mit der aus dem hochgelobten Rapdrama gemeinsam. Überhaupt sind die beiden Werke so unterschiedlich, dass wohl niemand auf den ersten Blick ahnen würde, dass sie von ein und demselben Filmemacher stammen.
Grundsätzlich geht es dabei in beiden Geschichten um eine junge Frau, die ihren Weg durch die Welt sucht und für die Musik Ausdruck ihrer Persönlichkeit wird. Während aber Patti Cake$ in der Realität angesiedelt war, auch wenn die Protagonistin dieser zu entfliehen versuchte, da spielt O’Dessa in einer Art Fantasiewelt. Mal wieder steht die Welt kurz vor der Zerstörung, die Umwelt wurde wie so oft Opfer des täglichen Raubbaus. Üblicherweise sind solche postapokalyptischen Streifen aber sehr düster, schwanken irgendwo zwischen schwarz, grau und blau. Jasper mag es da lieber bunter, sehr viel bunter. Durch diese Welt zu reisen, wird zu einem psychedelischen Trip. Später, wenn wir in der Stadt angekommen sind, wird es zwar tatsächlich düsterer, sie soll schließlich ein richtiger Moloch sein. Das Gefühl von Unwirklichkeit bleibt aber bestehen.
Eine ganz eigene Vision
Wie viel man mit dem Film anfangen kann, hängt dann auch maßgeblich davon ab, ob man selbst für solche eigenartigen Werke empfänglich ist. Denn O’Dessa ist seltsam, am Anfang, in der Mitte, am Ende. Das heißt nicht, dass hier nicht auch konventionelle Punkte drin sind. Aussagen wie, das Liebe Hindernisse überwiegt, oder Kunst den Menschen Hoffnung geben kann, sind nun wirklich nicht originell. Es ist auch nicht so, als wäre das hier in irgendeiner Form tiefgründig. Jasper hat erstaunlich wenig über die Figuren zu sagen, was nach Patti Cake$ etwas enttäuschend ist. Insgesamt ist es etwas schwierig, bei dem Geschehen hier wirklich andocken zu können, dafür bleibt das zu fremd.
Und doch ist der Film, der auf dem South by Southwest Festival 2025 Weltpremiere hatte, bevor er auf Disney+ erschienen ist, auf seine Weise faszinierend, gefällt durch die Settings, die Besetzung und auch das eine oder andere Lied. Jasper und sein Team nehmen uns mit auf eine Reise, die gleichzeitig vertraut und schräg ist, intime Momente mit denen einer überkandidelten Rockoper kreuzt. Das wird nicht allen gefallen. Tatsächlich sind die Reaktionen bislang sehr gemischt, die professionellen Kritiken schwanken von Verriss bis zu Begeisterung. Doch gleich, zu welcher Gruppe man sich selbst zählt, ist das schillernde O’Dessa zweifelsfrei eine Bereicherung für das oft etwas eintönige Streamingangebot. Man muss das Ergebnis nicht unbedingt mögen. Aber man muss dem Regisseur doch zugutehalten, wie er in einer Zeit ängstlicher Homogenisierung unbeirrt einer eigenen Vision folgt, selbst wenn er unterwegs viele verliert und die diversen satirischen Elemente ausbaufähig gewesen wären.
(Anzeige)