Auch wenn immer wieder betont wird, wie sehr Frauen auf ihr Äußeres reduziert werden und irgendwelchen Erwartungen zu entsprechen haben, bei Männern sieht das teilweise auch nicht so toll aus. Schöne Männer veranschaulicht das, wenn wir drei Brüdern folgen, die nicht unbedingt dem Schönheitsideal entsprechen. Die Körper sind alles andere als durchtrainiert, die Gesichter sind etwas nichtssagend. Vor allem aber sind sie alle kahl, weshalb sie gemeinsam nach Istanbul reisen, um sich dort neue Haare transplantieren zu lassen. Dumm nur, dass sich dort herausstellt, dass lediglich ein Platz frei ist. Man hätte daraus eine Kammerspielkomödie machen können, in der das Trio darum kämpft, wer den begehrten Platz bekommt. Regisseur und Drehbuchautor Nicolas Keppens hat daraus aber vielmehr ein tragikomisches Werk gemacht, welches immer wieder nachdenklich und melancholisch wird, wenn es um Themen wie Männlichkeit und Vergänglichkeit geht.
Wobei Keppens vieles eher vage lässt, manches sich in den gut 18 Minuten Laufzeit aus den Beobachtungen ableiten lässt, anderes eher interpretieren. Wenn im weiteren Verlauf Nebel aufkommt, verleiht das dem Werk zusätzlich eine leicht mysteriöse Atmosphäre. Das sieht auch toll aus. Der belgisch-niederländische Stop-Motion-Film ist sehr liebevoll gestaltet, sowohl im Hinblick auf die Settings wie auch die Figuren. Ob das Hotelzimmer, der Hammam oder auch die Rezeption, überall wurde mit Details gearbeitet. Das ist schon sehr stimmungsvoll geworden. Die Figuren sind zudem ausdrucksstark, obwohl sie sich, analog zur ruhigen Erzählweise, sehr zurückhalten. Insofern verwundert es auch nicht, dass es Schöne Männer sogar bis in die Endrunde der Oscars geschafft hat.
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