Stasi FC
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Stasi FC
„Stasi FC“ // Deutschland-Start: 27. März 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

So kann es gehen, wenn ein mächtiger Mann ohne jede Kontrolle agieren darf: Zum Ende der Saison 1977/78 begibt sich Stasi-Chef Erich Mielke in die Kabine von Dynamo Dresden und verkündet den verdutzten Fußballern, dass ihre Zeit vorbei sei. Nun sei der BFC Dynamo Berlin an der Reihe, wenn es darum geht, mehrere DDR-Meisterschaften in Folge zu gewinnen. Gesagt, getan: Mit Manipulationen und Einschüchterungen bis hin zu Mordanschlägen dreht sich das Blatt im DDR-Fußball. Wie das im Einzelnen ablief, dokumentiert das Regie-Trio Daniel Gordon, Arne Birkenstock und Zakaria Rahmani mit spannenden Anklängen an Krimi, Agententhriller und Satire. Denn die mächtigsten Männer der Welt sind immer auch ein bisschen komisch, wie man gerade wieder studieren kann.

Unheilvolle Verquickung

Düstere Musik, graue Wohnblocks und ein gestandener Ex-Fußballprofi, der mit den Tränen kämpft, auch noch mehr als 40 Jahre nach den traumatischen Ereignissen. So stellt man sich die typische Abrechnung mit einem Unrechtsstaat vor. Und so wird die ehemalige DDR in vielen Dokus und Spielfilmen auch gezeigt. So oft, dass man es beinahe leid ist, mag die politische Absicht auch noch so unterstützenswert sein. Allerdings schlägt Stasi F.C. schon nach fünf Minuten Vorspann einen anderen Weg ein. Der Dokumentarfilm über die unheilvolle Verquickung von Sport und Politik rekapituliert eine Geschichte, die in den vielen Jahren nach der Wiedervereinigung so noch nicht erzählt wurde. Sie handelt von der Funktion des Fußballs für die Gesellschaft, durchaus nicht nur im Sinne der Mächtigen, sondern genauso aus der Perspektive des Volkes, das hier ein Ventil fand, seinen Frust über die Verhältnisse in Gesängen und Sprechchören auszuleben. Oder wie es der ehemalige BFC-Fan Sven Friedrich im Film formuliert. „Wenn wir hier nicht die Sau rausgelassen hätten, wären wir erstickt.“ Das Stadion als Ort einer gewissen Freiheit, die es sonst nirgends gab.

Um den Sport als solchen geht es natürlich auch. Die wichtigsten Tore und Spielzüge werden ebenso dokumentiert wie die Laufbahnen der berühmtesten Spieler, von denen einige auch im Westen Bekanntheit erlangten, wie Falko Götz, Ralf Minge, Lutz Eigendorf oder Gerd Weber, der die Szene in der Dynamo-Kabine persönlich erlebt hat. „Alle hatten Angst vor Mielke“, erzählt er. Denn der Altkommunist, der bereits in der Weimarer Zeit für die KPD kämpfte, war nicht nur seit 1957 Minister für Staatssicherheit. Sondern auch Präsident des BFC Dynamo. Mielke konnte problemlos die vielversprechendsten Nachwuchstalente des DDR-Fußballs nach Berlin lotsen. Er vermochte aber noch viel mehr. Etwa, sich an Lutz Eigendorf rächen, der als Spielmacher des BFC Dynamo aufgebaut worden war, aber 1979 nach Kaiserslautern flüchtete.

Ironie des Erfolgs

Der Engländer Daniel Gordon ist Spezialist für sportsoziologische Dokumentarfilme, etwa FIFA Uncovered (2022) oder Hillsborough (2014) über die Stadiontragödie von Sheffield, bei der 97 Zuschauer starben. Zusammen mit seinen deutschen Kollegen inszeniert er eine auf den ersten Blick typische TV-Doku, die tatsächlich zuerst bei Sky ausgestrahlt wurde: viele sprechende Köpfe, kompaktes 90-Minuten-Format. Beim näheren Hinsehen versteht man allerdings sehr wohl, warum der Film nun auch in die Kinos kommt. Die Montage verdichtet das Material zu einem schnörkellosen Spannungsbogen, der das Krimihafte der Geschichte mit dem Staunen über unglaubliche Details und dem Lachen über die Ironie des von oben herab diktierten Erfolges verbindet. Spätestens seit Mitte der 1980er Jahre hatte sich nämlich herumgesprochen, dass die Siege des Mielke-Klubs „schmutzige Siege“ waren. Manche Fans wandten dem Spielfeld den Rücken zu und kamen nur noch wegen der staatskritischen Gesänge. Andere blieben gleich ganz weg. Den Protest, den sie im geschützten Raum des Stadions ausgelebt hatten, trugen sie fortan auf die Straßen. Inzwischen hatte sich auch bei den Nicht-Fußball-Begeisterten der Unmut über die Verhältnisse derart angestaut, dass es schon bald zur ersten friedlichen Revolution auf deutschem Boden kam.



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Stasi F.C.
fazit
„Stasi F.C.“ dokumentiert die abenteuerliche Willkürherrschaft von Stasi-Chef und Fußball-Präsident Erich Mielke, die auch vor den Kabinen und Stadien nicht Halt machte. Das deutsch-englische Regie-Trio Daniel Gordon, Arne Birkenstock und Zakaria Rahmani verdichtet seinen Stoff zu einer sehenswerten Mischung aus Tragödie, Satire und Sportfilm.
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