The Thing With Feathers
© Anthony Dickenson / The Thing with Feathers Ltd

The Thing With Feathers

The Thing With Feathers
„The Thing With Feathers“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Nachdem seine Frau ganz plötzlich verstorben ist, finden sich ein Vater (Benedict Cumberbatch) und seine beiden Söhne (Richard & Henry Boxall) in einer schrecklichen neuen Gegenwart wieder. Während der Vater zunächst versucht für seine Kinder eine möglichst normale Alltagsroutine aufrecht zu erhalten, wird die Familie über die nächsten Wochen und Monate immer wieder von einer finsteren Schreckgestalt heimgesucht: einer Krähe mit menschenähnlicher Gestalt. Ist diese nur den Zeichnungen des Vaters entsprungen, die der Comiczeichner geradezu wahnhaft aufs Papier bringt? Oder spielt sich das alles gar nur in einem Alptraum ab? Die Grenzen zur Realität verschwimmen zunehmend, als die Familie sich ihrer abgrundtiefen Trauer stellen muss.

Das Ding mit fabelhafter Inszenierung, Erzählung & Sound

The Thing With Feathers basiert auf dem preisgekrönten Roman von Max Porter, der im Deutschen unter dem Titel Trauer ist das Ding mit Federn erschienen ist. Regisseur Dylan Southern (Shut Up and Play the Hits) beweist bei seiner Filmadaption dieses Stoffes großes Gespür für Inszenierung und Storytelling. Sein Drehbuch setzt gemäß der Vorlage feste Kapitelmarken mit unterschiedlichen Blickwinkeln – wie den des Vaters, der beiden Jungs oder auch der Krähe selbst. Gleichsam wie Trauergefühle unvermittelt über einen hereinbrechen können, wird auch diese Struktur immer wieder aufgebrochen, Settings und Szenen wechseln mit einem Augenaufschlag oder fließen ineinander, wenn der Vater beim Lebensmitteleinkauf unversehens von der Krähe verfolgt wird oder diese in eine glückliche Erinnerung drängt.

Es ist nicht verwunderlich, dass bei einem Regisseur, der bislang vor allem mit Videos und Filmbeiträgen mit Bezug zur Musikszene auf sich aufmerksam machte, der Sound auch eine ganz besondere Wirkung entfaltet. Die Filmmusik wabert und wummert über den Brustkorb direkt ins Herz hinein. Ebenso entwickeln die Stimmen von Benedict Cumberbatch und David Thewlis – der im englischen Original die Krähe spricht – ganz eigene abgründige Tiefen, und man kann nur hoffen, dass die deutsche Synchronisation diesen gerecht wird. Und auch die physische Ausgestaltung der Krähe ist überaus gelungen, indem sie nicht etwa digital animiert wurde, sondern von einem Menschen im schwarzgefiederten Kostüm den unberechenbaren, wilden und schonungslos direkten Charakter verliehen bekommt.

Das Ding mit Gefühlen und einem grandiosen Cumberbatch

Mit seinem Freund Benedict Cumberbatch konnte Dylan Southern sich zudem eine echte Filmgröße für seine Hauptfigur sichern. Und wenngleich man von dem Briten schauspielerische Höchstleistung gewohnt ist, beeindruckt seine Darstellung des Vaters nicht weniger. Er zieht die Zuschauer:innen hinein in einen Strudel bodenloser Gefühle, wenn er wütet und weint, wie ein Besessener zeichnet, sich in Erinnerungen und Träumen verliert, vor der Krähe ängstigt oder irre krächzend selbst zu dieser zu werden scheint. Dazu erweisen sich auch die Kinderdarsteller Richard und Henry Boxall mit ihrem berührend-authentischen Auftreten als ein echter Glücksgriff, zumal sie zuvor noch nie vor der Kamera gestanden haben.

Trauer berührt früher oder später das Leben jedes Menschen, sie ist universell und unentrinnbar. Und ja, dieser Film atmet Trauer – in allen Facetten und Gefühlen, die mit ihr verbunden sein können. Das mag vor dem Kinobesuch abschrecken, sollte es aber nicht. „Hoffnung ist das Ding mit Federn“ besagt ein Zitat der Schriftstellerin Emily Dickinson, das den Titel der Romanvorlage inspirierte. Dort wurde dann nur die Trauer zum Federding. Der Filmtitel hingegen lässt bewusst Raum, so dass wir beides hineinsetzen können. Und das ist ganz richtig so. Denn die poetische Kraft, mit der die Buchverfilmung das schwere Thema auf die Leinwand bringt, wühlt uns nicht nur auf und fordert unser Mitgefühl, sondern lässt uns auch mit Hoffnung und getröstet zurück.



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The Thing With Feathers
fazit
„The Thing With Feathers“ beeindruckt mit einem (wie immer) darstellungsstarken Benedict Cumberbatch in der Rolle des trauernden Vaters. Düster und feinfühlig, klar geformt und wild, ungeschönt und bewegend - ein Film wie die Trauer selbst.
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