
Was einmal geht, das geht auch zweimal. Dieser Überzeugung sind zumindest der Anwalt Sven Lebert (Nils Strunk) und sein Chef Dr. Bernd Hausner (Justus von Dohnányi) überzeugt, als sie ihren Klienten und Klientinnen ein ganz besonderes Geschäft vorschlagen. Sie zahlen Steuern für Aktien-Transaktionen und lassen sich diese zweimal erstatten – ganz legal. Dass das eigentlich Betrug ist, wissen sie. Sie spekulieren aber darauf, dass da niemand so genau draufschaut. Ein paar wenige gibt es aber schon, die Lunte gewittert haben und nicht tatenlos zusehen wollen. Da sind Inger Brøgger (Karen-Lise Mynster) und Niels Jensen (David Dencik), die für die dänische Steuerbehörde arbeiten, aber gegen politischen Widerstand und Unterbesetzung ankämpfen. Und auch die deutsche Staatsanwältin Lena Birkwald (Lisa Wagner) ist an der Sache dran und lässt sich von Widerständen nicht abhalten …
Die Geschichte eines großen Skandals
Die Affäre um den Cum-Ex-Steuerbetrug gehörte zu den ganz großen Skandalen der letzten 15 Jahre. Immer wieder tauchte die Geschichte in den Nachrichten auf, wurde auch in der Politik thematisiert. Die meisten Menschen dürften dennoch wenig Bezug zu dem Ganzen haben, vielleicht auch nicht verstanden haben, worum genau es dabei ging. Zumindest in Ansätzen liefert Die Affäre Cum-Ex jetzt darauf eine Antwort. Die ZDF-Serie gibt zwar nicht vollständig das wieder, was damals geschehen ist. Man ließ sich nur davon inspirieren und baute wie üblich einige persönliche Geschichten drumherum. Es ist auch nicht so, als würde im Anschluss alles im Detail erklärt sein. Es gelingt der deutsch-dänischen Produktion jedoch, die Ausmaße deutlich zu machen sowie die Skrupellosigkeit, mit der die Leute in diesem Bereich vorgegangen sind.
Serienschöpfer Jan Schomburg (Der göttliche Andere) fährt zu diesem Zweck mehrgleisig. So folgt er einerseits den Menschen, die sich an diesen Deals bereichert haben, darunter die beiden Anwälte und die Banken. Andererseits lernen wir Leute kennen, die gegen diese Machenschaften vorgehen oder zumindest vor ihnen gewarnt haben. Da es sich bei Die Affäre Cum-Ex um eine deutsch-dänische Coproduktion handelt, wird immer wieder zwischen den beiden Ländern gewechselt, damit auch ja alle anständig repräsentiert sind. Ein dritter wiederkehrender Schauplatz ist die Schweiz, wo Skrupellosigkeit und Korruption ganz besonders ausgeprägt sind. Die schockierendste Passage ist, wenn der Schweizer Staatsanwalt seine schützende Hand über die Bank hält, wohl wissend, welche krummen Machenschaften betrieben werden. Mehr noch, er geht gegen die Leute gerichtlich vor, die zur Aufklärung beitragen wollten.
Nicht tiefgründig, aber spaßig
Was das Publikum an der Stelle zu denken und zu fühlen hat, ist unmissverständlich. Auch an anderen Stellen ist Die Affäre Cum-Ex alles andere als subtil oder auch irgendwie ambivalent. Die meisten Figuren lassen sich ganz leicht in gut und böse einteilen. Das sind dann oft Stereotype, die gern mal auch überzeichnet sind. Tatsächlich ist vieles zumindest in der ersten Hälfte humoristisch überhöht. Verkauft wird die Serie zwar als Drama. Zunächst ist das jedoch mehr Komödie, vergleichbar zu King of Stonks und Tausend Zeilen, die ebenfalls deutsche Skandale für ein größeres Publikum humorvoll aufbereitet haben. Ernste Elemente gibt es zwar schon, etwa das schwierige Verhältnis zwischen Lebert und seinem Vater, der aus einfachen Verhältnissen kommt. Auch bei Jensen geschieht im weiteren Verlauf etwas. Aber das bleibt die Ausnahme.
Aber selbst wenn die Tiefe in den acht Folgen nicht so wahnsinnig groß ist, Spaß macht die Serie, die auf der Berlinale 2025 Premiere feierte, durchaus. Das ist vor allem dem Ensemble zu verdanken. Justus von Dohnányi ist für die Rolle des schmierigen Anwalts, der ständig andere wegen ihres angeblich unmoralischen Verhaltens kritisiert, natürlich eine Idealbesetzung. Aber auch die zahlreichen anderen Kollegen und Kolleginnen erledigen ihre Sache gut. Dass Die Affäre Cum-Ex dabei etwas formelhaft wird, manch erzählerisch kein Risiko eingegangen ist, ist sicherlich ein kleines Manko. Und doch erfüllt das hier alles seinen Zweck und man darf, wie von Schomburg beabsichtigt, bis zum Schluss wütend bis fassungslos zusehen, wie Banken und Reiche sich einfach das Gesetz zusammenkaufen können und es die einfachen Leute sind, die zur Rechenschaft gezogen werden.
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