
Als der bedeutende Atomphysiker Dr. Radcliffe (Aubrey Richards) spurlos verschwindet und der mit seinem Schutz beauftragte Agent tot aufgefunden wird, ist der britische Geheimdienst alarmiert. Im Auftrag seines Chefs Colonel Ross (Guy Doleman) soll der Spion Harry Palmer (Michael Caine) herausfinden, was es damit auf sich hat und was mit dem Wissenschaftler geschehen ist. Zu dem Zweck wird er einer Spezialeinheit zugewiesen, welche von Major Dalby (Nigel Green) geleitet wird und die in dem Fall ermittelt. Schließlich ist Radcliffe nicht der einzige Wissenschaftler, bei dem etwas vorgefallen ist, auch andere sind verschwunden. Eine Idee haben sie schon, wer dahinterstecken könnte. Auf der Suche nach den Schuldigen stößt die Einheit auf ein mysteriöses Band, auf dem „Ipcress“ geschrieben steht, aus dem aber niemand schlau wird …
Spionagethriller ohne viel Action
Die 1960er waren die Hochphase britischer Spionagegeschichten. Neben den Abenteuern von James Bond, die 1962 mit James Bond jagt Dr. No ihren Anfang nahmen, war auch die Kultserie Mit Schirm, Charme und Melone stilprägend. Eine dritte Reihe war die um den Spion Harry Palmer. Diese basiert auf einer Romanreihe von Len Deighton (SS-GB), die ebenfalls 1962 begonnen hat. Die zeitliche Nähe legt nahe, dass der Autor sich von Ian Fleming hat inspirieren lassen. Tatsächlich war Deighton selbst als Drehbuchautor für den James-Bond-Film Liebesgrüße aus Moskau engagiert. Daraus wurde am Ende zwar nichts, führte aber dazu, dass der Schriftsteller seine Romanrechte an Harry Saltzman verkaufte, einen der Bond-Produzenten. Und so gibt es dann einige Gemeinsamkeiten bei den jeweiligen Produktionen, darunter den Stammkomponist John Barry.
Trotz dieser Überschneidungen sind die beiden Reihen aber nur bedingt miteinander zu vergleichen. Vor allem die jeweiligen Protagonisten sind sehr unterschiedlich. Während James Bond ein glamouröser Frauenheld ist, dem alles mit größtmöglicher Coolness gelingt, da ist Harry Palmer deutlich spröder und unscheinbarer. Niemand, der in glamourösen Casinos verkehrt und dem die halbe Welt zu Füßen liegt. Damit einher geht auch eine Fokusverschiebung im Hinblick auf die Handlung. Ipcress – Streng geheim verzichtet auf die typischen Actionszenen, wie man sie von dem Kollegen kennt. Hier gibt es keine ständigen Schusswechsel, andere Kämpfe oder auch spektakuläre Verfolgungsjagden. Brenzlige Momente finden sich trotzdem, gerade zum Ende hin. Aber nicht in der Art, dass der Thriller Fans von 007 zufriedenstellen könnte.
Nicht realistisch, aber unterhaltsam
Dieser etwas geerdetere Zugang bedeutet aber nicht, dass deswegen alles komplett realistisch ist. Wenn im weiteren Verlauf von Ipcress – Streng geheim erklärt wird, was es mit den titelgebenden Aufnahmen auf sich hat, geht der Film schon in eine überzogene Richtung, wie man sie durchaus bei Bond oder John Steed hätte finden können. Man muss das nicht alles für plausibel halten, was da erzählt wird, trotz des realistischeren Umfelds. Auch inszenatorisch hat man an manchen Stellen mehr getan, als es vom Inhalt her unbedingt hätte sein müssen, so als wäre Regisseur Sidney J. Furie die Vorlage dann doch zu wenig gewesen. Die Irritationen halten sich dennoch in Grenzen, insgesamt ist dann schon alles ganz stimmig.
In Der Summe ist der Thriller sehenswert, selbst sechzig Jahre später macht das hier noch Spaß. Der Film ist atmosphärisch, phasenweise spannend. Und natürlich ist da auch noch Michael Caine, der seinerzeit noch nicht der allgegenwärtige Star war. Er blieb der Reihe auch im Anschluss treu, sowohl bei Finale in Berlin, das ein Jahr später erschien, wie auch den anderen Fortsetzungen aus den 1960ern und 1990ern. Selbst wenn Ipcress – Streng geheim nicht der ganz große Klassiker ist, zumindest nicht so wie die Filme um Bond, lohnt sich doch noch immer ein Blick auf diesen etwas anderen Spionagefilm, der eine echte Alternative darstellte und mit großen Verschwörungen und Intrigen für Unterhaltung sorgt.
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