Klar, Mario war schon früh außerhalb seiner Plattform-Spiele unterwegs, arbeitete etwa als Tennis-Schiedsrichter, als Abrissspezialist (Wrecking Crew) oder als Arzt in dem Puzzle-Geschicklichkeitsspiel Dr. Mario. Doch es ist vor allem sein Auftritt als Rennfahrer, der ihm und seinem Umfeld eine einträgliche Zweitkarriere einbrachte. Los ging es 1992 mit Super Mario Kart, das mit 8,76 Millionen verkauften Exemplaren eines der erfolgreichsten Spiele auf dem Super Nintendo wurde. Dennoch mussten Fans im Anschluss einige Jahre warten, bis es mit Mario Kart 64 einen weiteren Teil gab. Dieser verkaufte sich ab 1996 ebenso gut, tatsächlich sogar noch besser als der Erstling, obwohl das Nintendo 64 insgesamt kommerziell nicht an die Vorgängerkonsole herankam. Und trotz der einen oder anderen Kontroverse.
Mehr Abwechslung auf der Piste
Dabei hat sich am Prinzip wenig getan. Noch immer fahren acht Figuren, die aus dem Mario-Universum stammen, an Bord eines Karts um die Wette und setzen dabei diverse Gegenstände ein. Das Rad hat man also nicht neu erfunden. Im Detail hat sich hingegen schon einiges getan. Beispielsweise wurde der Koopa aus dem ersten Teil durch Wario ersetzt. Bei der Optik hat sich zudem viel verändert. Zwar sind die Charaktere in Mario Kart 64 noch immer 2D-Sprites. Die Rennstrecken sind jetzt dafür dreidimensional geworden, was ihnen sehr gutgetan hat. Sie bieten nicht nur mehr fürs Auge, wenn es tatsächliche Hintergründe gibt, anstatt nur auf flachen Ebenen zu fahren. Es bedeutet auch, dass man immer wieder größere Höhenunterschiede überwindet, was für mehr Abwechslung sorgt.
Insgesamt haben die Strecken auch deutlich mehr Persönlichkeit, als es beim Erstling der Fall war. Ob wir auf Straßen einem entgegenkommenden Verkehr ausweichen, in der Wüste ein Zug vorbeifährt oder es über Brücken in luftiger Höhe geht, Mario Kart 64 stellt da eine massive Verbesserung dar. Die Höhenunterschiede kommen auch dem Battle-Royal-Modus zugute, wenn man einander über mehrere Ebenen hinwegjagt, immer bei dem Versuch, die Ballons zum Platzen zu bringen. Die höhere Leistung des Nintendo 64 macht sich übrigens auch bei der Anzahl der Figuren bemerkbar. Genauer konnten jetzt bis zu vier Spieler und Spielerinnen gegeneinander antreten, sowohl beim Grandprix wie auch in der Kampfarena. Damit wurde das Spiel zu einem Mehrspieler-Event, das gemeinsam mit GoldenEye 007 und einigen anderen Games das Nintendo 64 zu der Wahl schlechthin für gemeinsame Spielabende machte.
Das Chaos fährt mit
Allerdings musste man sich mit dem Chaos anfreunden können, welches hier vorherrscht. Sinnbildlich steht ein neuer Gegenstand, der bis heute die Community spaltet: Neben den bisherigen grünen und roten Schildkrötenpanzern gibt es einen blauen, der gezielt den ersten Platz anvisiert und dem man nicht ausweichen kann. Allgemein gibt es einen größeren Fokus auf die Items, Mario Kart 64 bewegt sich weiter weg vom reinen Rennen hin zu einem Partyspiel. Die Vorwürfe, die computergesteuerten Figuren wären im Vorteil, weil sie beim Rückstand schneller aufholen, darf man hingegen ignorieren. Das war beim Vorgänger nicht anders. Zumal das zweite Spiel auch in der Hinsicht eine Verbesserung darstellt. Bei Super Mario Kart war es so, dass die Reihenfolge der CPU-Fahrer immer fix war: Wer die meisten Punkte hatte, war auch anschließend vorne. Bei Mario Kart 64 ist es hingegen wirklich zufällig, wer gewinnt, was die Rennen spannender macht.
Insgesamt hat der Zahn der Zeit natürlich an dem Game genagt, knapp 30 Jahre später ist vieles einfach nicht mehr up-to-date. Wer nicht gerade nostalgische Gefühle für den Klassiker hat, ist mit den späteren Teilen besser bedient, die sowohl spielerisch wie visuell noch einmal in einer ganz anderen Liga spielen. Spaß macht Mario Kart 64 aber durchaus. Dass an dem Prinzip in den folgenden Jahrzehnten so wenig geändert wurde, zeigt wie gut dieses war und immer noch ist. Einige Sachen, die im zweiten Teil hinzugefügt wurden, darunter die ganz eigene Kunst des Driftens, sind nicht ohne Grund zu einem festen Bestandteil der Reihe geworden.
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