Das Leben könnte so schön sein für Hedvig (Mille Sophie Rist Dalhaug) und Henrik (Sverre Thornam)! Wäre da nur nicht Victoria (Ine Marie Wilmann), die nervige Freundin ihres Papas (Morten Svartveit). Eigentlich hatten sie ja gehofft, dass sie von selbst wieder verschwindet. Als im Gegenteil sogar eine Hochzeit ansteht, wird für die zwei Geschwister eine Grenze überschritten. Die Frau muss weg, um jeden Preis. Dafür gehen die Kinder sogar über Leichen, wenn es sein muss, und können sich auf ihre Oma (Agnete G. Haaland) verlassen, die ebenfalls wenig übrighat für die neue Frau ihres Sohns. Nachdem ein erster Versuch, die Sache in die Hand zu nehmen, scheitert, beschließen sie, sich professionelle Hilfe zu suchen. Sie wissen auch schon wer: Carl (Leo Ajkic) soll gegen Geld die verhasste Schwiegermutter aus dem Verkehr ziehen …
Der Abgrund hinter der Idylle
So ein erster Eindruck kann schon täuschen. Bei Victoria muss weg gilt das gleich doppelt. Nicht nur, dass die idyllische Familiensituation, die zu Beginn des Films gezeigt wird, schnell umkippt und es zu einem ersten Mordversuch kommt. Die Szene ist zudem nur eine imaginäre, das hat sich alles nur im Kopf des Mädchens abgespielt, welches der Frau der Tod wünscht. Wer diese Leute sind und warum Hedvig die Frau so sehr hasst, ist zu dem Zeitpunkt gar nicht geklärt. Die Informationen zur unglücklichen Familienkonstellation werden zwar recht schnell nachgeliefert. Ein bisschen überzogen ist es aber schon, wenn die Killergelüste gerechtfertigt werden sollen, als Reaktion auf ein Handyverbot den Tod zu wünschen, ist nicht der naheliegendste Gedanke.
Das mag man dann als unglaubwürdig ansehen, ein solches Verhalten ist schon erklärungsbedürftig. Aber es passt doch gut im Kontext des norwegischen Films. Zum einen wird die Geschichte aus den Augen von Kindern erzählt, bei denen nun einmal die Beurteilung der Sachlage anders ausfällt. Kleinigkeiten können da ganz groß erscheinen, zum anderen wird die Tragweite mancher Entscheidungen noch nicht erfasst. Zum anderen ist Victoria muss weg nun einmal eine Komödie und lebt auch maßgeblich davon, dass das alles so übertrieben ist. Die Absurdität der Situation trägt schon sehr zur Unterhaltung bei, gerade auch bei dem Versuch der Kinder, das alles irgendwie professionell umzusetzen, basierend auf dem Comic-Wissen, welches sie von dem Thema Auftragsmord haben.
Erstaunlich ernste Familienkomödie
Diese Farce ist dabei durchaus auch mit ernsten Themen verbunden. So ist die anfängliche Situation eine, mit der sicherlich viele Kinder etwas anfangen können. Wie ist das, wenn ein Elternteil auf einem einen neuen Partner bzw. eine neue Partnerin hat? Dann geht es um Vorurteile, mit denen sich der aus dem Balkan kommende Carl herumplagen muss, der zudem aus einer anderen Schicht kommt. Über Themen wie Medienkonsum lässt sich sowieso diskutieren. Zwischen wird in Victoria muss weg auch Alkoholismus angesprochen. Das ist eigentlich schon recht harter Stoff, der ausgepackt wird, unerwartet hart für einen Film, der eine junge Zielgruppe hat. Aber das gilt ja auch für das Szenario und den schwarzen Humor, der hier zum Einsatz kommt.
Beeindruckend ist in dem Zusammenhang auch das Finale, bei dem sich Regisseurin und Co-Autorin Gunnbjörg Gunnarsdóttir konsequent den Erwartungen widersetzt. Auch in der Hinsicht zeigt Victoria muss weg, dass man sich nicht an die Normen von Kinderfilmen hält und bereit es, das Publikum anderweitig zu fordern. Das Ergebnis ist unterhaltsam, auch für ein erwachsenes Publikum, selbst wenn die eine oder andere Szene ein bisschen albern geworden ist. Dass der Film nach mehreren Festivalteilnahmen nun auch offiziell in unseren Kinos läuft, ist daher schon eine gute Nachricht. Das unmoralische Element, welches von Anfang an dabei ist, könnte zwar auf Eltern abschreckend wirken, wird aber gut wieder eingefangen und mit einer tatsächlichen Botschaft verbunden.
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