Walk Dont Walk
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Walk Don’t Walk

„Walk Don’t Walk“ // Deutschland-Start: 24. Januar 2002 (Kino) // 3. April 2025 (Kino-Wiederveröffentlichung)

Inhalt / Kritik

Eigentlich kann man praktisch zu jedem Thema einen Dokumentarfilm drehen, wie ein Blick auf das wöchentliche Kinoprogramm beweist. So liefen zuletzt Porträts von bedeutenden Kunstschaffenden (Ich will alles. Hildegard Knef, Pandoras Vermächtnis), Privileg befasste sich mit Transgeschlechtlichkeit, Stasi F.C. kombinierte Politik und Sport, Sterben ohne Gott wiederum setzte sich mit dem Tod auseinander. Insofern sollte einen eigentlich nichts mehr überraschen. Und doch ist Walk Don’t Walk ein Film, der bei nicht wenigen Verwunderung auslösen dürfte, wenn nicht gar Irritation. Selbst nachdem man sich das Werk angesehen hat, werden einige sich fragen, was das genau sollte. Es ist ja nicht einmal klar, worum es überhaupt gehen soll.

Auf den Fuß gekommen

Dabei ist das Gezeigte sogar sehr alltäglich. Gewissermaßen. Genauer nimmt einen der Film mit auf eine Reise durch New York City. Diese ist recht ziellos, es handelt sich ausschließlich um Zufallsbegegnungen. Grundsätzlich sind auch solche Geschichten nicht ungewöhnlich. Die ganzen Reisedokus etwa leben davon, dass der Regisseur oder die Regisseurin herumläuft und Treffen mit anderen mit der Kamera festhält. Der Clou bei Walk Don’t Walk ist jedoch, dass die Kamera – der Titel kündigt das teilweise bereits an – auf Beinhöhe angebracht ist. Dadurch sieht das Publikum selbst überwiegend Beine und Füße, nur hin und wieder ist auch einmal eine Aufnahme dabei, die ein Gesicht zeigt.

Die große Ausnahme ist ein zwischenzeitlicher Exkurs, als sich Regisseur Thomas Struck mit Herausgeberin Dian Hanson unterhält. Das Thema: Fußfetischismus. Auf der einen Seite passt das natürlich zu einem Film, der sich derart stark auf Füße konzentriert, auf seine Weise also selbst davon besessen ist. Und doch ist diese Passage ein seltsamer Fremdkörper. Das betrifft einerseits die Inszenierung, da sich die Interviewte als konventioneller Talking Head zu dem Ganzen äußert und Walk Don’t Walk auf diese Weise mit der bisherigen Optik bricht. Das ist dann zwar nur ein äußerer Faktor, die Bilder sind in Dokumentarfilmen meistens von geringerer Bedeutung. Und doch machte eben diese Perspektive einen bedeutenden Teil des Charms aus, macht das Werk zu etwas Besonderem.

Ein etwas anderes Stadtporträt

Aber auch inhaltlich ist der Abschnitt irgendwie störend. Denn eigentlich ging es vorher um die Stadt, um das Erleben. Um die Vielfalt auch, wenn die verschiedenen Beine mit verschiedenen Schrittgeschwindigkeiten einhergehen – manche schlendern durch die Gegend, andere eilen zielgerichtet voran. Die Persönlichkeit der Menschen und die unterschiedlichen Lebensentwürfe werden durch quasi durch den unteren Teil der Körper symbolisiert. Zumal natürlich auch dieser durch die Wahl der Schuhe oder der Bekleidung einiges über den damit verbundenen Menschen aussagt. Walk Don’t Walk liefert einen ganz eigenen Querschnitt, verbindet dabei Banalitäten mit einem interessanten Porträt der Stadt und seiner Menschen.

Der Film ist aber auch ein Zeitporträt. So wurde er bereits 2001 fertiggestellt, lief auch 2002 bereits in unseren Kinos, wird jetzt aber restauriert noch einmal in die Lichtspielhäuser gebracht. Walk Don’t Walk wird auf diese Weise zu einer Reise in die Vergangenheit, in ein New York City noch vor den Anschlägen des 11. Septembers. Das ist hier alles etwas unbeschwerter, woran die Jazzmusik ihren Anteil hat. Geradezu beschwingt ist das gerade einmal einstündige Werk, das irgendwie Lust darauf macht, selbst einmal durch die Stadt zu streifen und dabei den verschiedensten Menschen zu begegnen. Man muss ihnen dabei ja nicht zwangsläufig auf die Beine schauen.



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Walk Don’t Walk
fazit
„Walk Don’t Walk“ ist ein ungewöhnlicher Dokumentarfilm, der durch New York City streift, dabei aber überwiegend nur die Beine und Füße der Menschen zeigt. Das ist ein interessantes Porträt der Menschen und der damaligen Zeit, die eingeschobene Passage um Fußfetischismus passt da nicht wirklich rein.
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