(„Red Hill“ directed by Patrick Hughes, 2010)
„There Will Be Blood trifft auf No Country For Old Men“, so will uns die Werbung das Spielfilmdebüt von Patrick Hughes verkaufen. Atmosphärisch gesehen mag dies wohl stimmen, doch inhaltlich betrachtet beschreiten diese drei Werke gänzlich andere Gefilde. Wenn ich Red Hill vergleichen müsste, dann wohl eher mit John Hillcoats The Proposition. Dem Zuschauer wird hier ein ähnlich bildgewaltiger Film geboten, der trotz kurzer Laufzeit, ebenso seine Längen aufweist und sehr gerne auch als Aussie-Western bezeichnet wird. Mit dem klassischen Genre oder gar mit Spaghetti Western hat das Ganze aber herzlich wenig am Hut. Die weiten meist kargen und trockenen Landschaften, die Cowboyhüte und Kleinstädte und nicht zuletzt die gewisse „outlaw attitude“ einiger Figuren erklären allerdings recht schnell woher diese Zuordnung kommt.
Red Hill ist genauso ein Nest, abgelegen irgendwo im australischen Hochland dessen Einwohner man quasi auf einer Hand abzählen kann, zumindest diejenigen, die für den Film eine Rolle spielen. Da Shane Coopers (Ryan Kwanten) schwangere Ehefrau (Claire van der Boom) bereits ein Kind während ihrer letzten Gravidität verloren hat, wird dem jungen Ehepaar die ärztliche Empfehlung nahegelegt vorübergehend irgendwo auf dem Land zu wohnen, wo es weniger stressig als in der Großstadt zugeht. Der Cop zögert nicht lange und bekommt Red Hill als sein neues Zuständigkeitsgebiet zugeschrieben.
Der verschlafene Ort scheint auf den ersten Blick überschaubar und etwas rückständig – es ist zum Beispiel keine Seltenheit per Pferd sich fortzubewegen – genauso wie es sich Shane eben vorgestellt hat. Die ersten Begegnungen auf dem Polizeirevier sind dann allerdings von weniger freundlicher Natur, auch der hiesige Sheriff (Steve Bisley) scheint nicht sonderlich entgegenkommend zu sein. Als man dann über die TV-Nachrichten erfährt, dass Jimmy Conway (Tommy Lewis) aus dem sechs Stunden entfernten Hochsicherheitsgefängnis ausgebrochen ist, scheint in Red Hill der Notstand ausgebrochen zu sein. Irgendwelche Bürger werden kurzerhand zu Deputies gemacht und bis an die Zähne bewaffnet. Conway, ein auf einer Gesichtshälfte entstellter Aborigine der wegen Mordes verurteilt wurde, hat offenbar noch eine Rechnung mit den örtlichen Behörden offen und ist bereits zu ihnen auf dem Weg…
Der Wissenstand des Zuschauers verhält sich parallel zu dem was Cooper weiß, nämlich Nichts. Die Einleitung in der uns der Ort und seine Figuren vorgestellt werden verstreicht relativ schnell, danach bahnen sich die Szenen an die uns der ebenso mysteriöse Trailer bereits im Vorfeld offenbarte. Der blutige und erbarmungslose Rachefeldzug von Jimmy Conway spielt stets mit den Sympathien des Publikums, das die Gründe des Gewaltausbruchs zunächst nur erahnen kann und wie schon gesagt das Ganze nur wie Cooper, als Außenstehender, wahrnimmt.
Tommy Lewis, der übrigens auch im oben genannten The Proposition zu sehen war, bringt dabei nie eine Silbe über die Lippen und zeigt auch sonst keine Emotionen, was eine Bewertung seines Schauspiels fast unmöglich macht. Er ist das große Enigma das Red Hill bis zuletzt geschickt verbirgt und die Spannung aufrecht erhält, eine Zweitsichtung des Films aber im Nachhinein aller Wahrscheinlichkeit nach fad wirken lässt. Sein Gegenspieler Bisley und der „neutrale Mittelmann“ Kwanten spielen ihre Rollen ohne viele Ecken und Kanten und gefallen eigentlich über die gesamte Laufzeit sehr gut. Besonders Kwanten, Star der TV-Serie True Blood, wäre in Zukunft durchaus in anderen Kinostreifen denkbar.
Red Hill ist optisch wie akustisch – ein wirklich interessanter Samplermix den uns da Dmitri Golovko um die Ohren schmeißt – atemberaubend, was mitunter ein Hauptgrund für die dichte Atmosphäre ist. Obwohl wir mit wirklich ekelhaften Gewaltszenen größtenteils verschont bleiben umhüllt den Film eine mysteriöse und streckenweise auch gruselige Aura. Die minimale Handlung und die dadurch entstehenden Längen trüben leider das Gesamtbild etwas. Vor allem den Schluss fand ich etwas zu lange hinausgezögert, die Zeit hätte man vielleicht besser genutzt um die per se interessanten Figuren auszuarbeiten, denn diesen fehlt es um einiges an Profil.
Die besondere Eigenart die Filme aus Australien (siehe zuletzt z.B. auch The Road oder Mary & Max) mit sich bringen machen aber auch Red Hill trotz der angesprochenen Mankos absolut sehenswert, zumal sich der Film deutlich vom üblichen Einheitsbrei abheben kann.
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